Berlin - Der Streit um die Wiedererhebung der Vermögensteuer spitzt sich zum Machtkampf in der SPD zu. Trotz des Neins von Bundeskanzler Gerhard Schröder halten die Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel (Niedersachsen) und Peer Steinbrück (NRW) an ihrer Bundesratsinitiative für die Steuer fest. «Ein Donnergrollen aus Berlin wird uns nicht in die Knie zwingen», sagte ein Regierungssprecher Gabriels der Berliner Morgenpost. Schröder habe selbst gesagt, dass er «Parteivorsitzender und nicht Diktator» sei. Gabriel gehe davon aus, dass «die SPD-Bundestagsfraktion der Vermögensteuer zustimmt.» Auch der Finanzexperte der Fraktion, Joachim Poß, macht sich für eine Vermögensteuer - mit ausreichenden Freibeträgen - stark. Wie viele in der Fraktion wolle er «nicht im Wege stehen, wenn die Länder eine Mehrheit im Bundesrat zu Stande bekommen».
Fraktionschef Franz Müntefering stellte klar, man wolle den SPD-Ländern nicht vorgreifen, auch wenn der Bund eine Reaktivierung der 1997 abgeschafften Steuer nicht vorsehe. Damit relativierte er das kategorische Nein des Kanzlers. Vor wenigen Tagen hatte Müntefering gesagt, es sei sinnvoll, eine bestimmte Steuer befristet zu erheben und die Einnahmen gezielt auszugeben, etwa für Bildungsinvestitionen. «Ich fände es gut, wenn die Länder das hinbekommen, im Bundesrat eine gemeinsame Entscheidung zu treffen.» Dann werde der Bundestag dies unterstützen.
Schröder hatte seine Ablehnung damit begründet, dass die Steuer «aus guten Gründen» abgeschafft worden und «sehr arbeitsaufwendig zu erheben» sei. Auch die Finanzexpertin der Grünen, Christine Scheel, erteilte einer «Substanzbesteuerung» eine Absage. Steinbrück unterstrich demgegenüber, Schröders Zurückweisung des Länderplans sei zwar «vor dem Hintergrund der aufgeregten steuerpolitischen Diskussion nachvollziehbar». Da der Kanzler aber zu Recht darauf hinweise, dass es sich um eine den Ländern zugute kommende Steuer handele, werde Nordrhein-Westfalen daran festhalten. Der Düsseldorfer Wirtschafts- und Arbeitsminister Harald Schartau betonte, dass Schröder wohl nur für den Bund gesprochen habe. Im Übrigen gebe es in der SPD schon immer «große Sympathien für die Zusatzbesteuerung der Reichen».
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) bekräftigte indes die Ablehnung des Freistaates gegen die Steuer. «In Bayern wird es das nie geben.» Mit der Initiative von Gabriel und Steinbrück werde «systematisch Kapital aus dem Land getrieben». FDP-Chef Guido Westerwelle forderte deshalb den Kanzler auf, die SPD «auf Kurs» zu bringen. Eine Vermögensteuer gefährde den Standort Deutschland. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt äußerte die Hoffnung, dass sich Gabriel und Steinbrück die Position des Kanzlers zu Eigen machten und ihre Pläne für die Wiederbelebung der Steuer «beerdigen».
Schützenhilfe erhalten Gabriel und Steinbrück von den Gewerkschaften, die demnächst eine Werbekampagne zur Wiedereinführung der Vermögensteuer starten.