Wahlen

Sieben Jahre nach dem Ende des Bosnienkrieges gönnte der Westen dem Land eine «Reifeprüfung». Die Bosnier sollten erstmals selbst Wahlen organisieren, erstmals für vier und nicht nur zwei Jahre eine Führung wählen, und wenn diese Regierung brav wäre und aus prowestlichen Parteien bestünde, dann sollte sie vielleicht sogar ein wenig regieren dürfen. Bisher macht das der Hohe Repräsentant der Staatengemeinschaft. Pech gehabt. Die Wähler bestraften das Versagen der korrupten, bislang regierenden Reformer, deren Wirtschaftspolitik die Misere im Volk nicht zu lindern vermochte.

An allen Fronten siegten die Nationalisten. Das heißt nicht, dass Bosnien wieder voller Mordlust ist. Die Hälfte der Wähler sah einfach keinen Sinn darin, ihre Stimme abzugeben, und die nationalistischen Parteien geben sich heute recht moderat. Bis auf jene leidige, ungelöste und meist unausgesprochene Frage - ob sich die bosnischen und kroatischen Teile nicht doch dem jeweiligen Mutterland anschließen dürfen. Das große Pokerspiel des Balkan, in dem es auch um die politische Zukunft des Kosovo geht, ist noch lange nicht zu Ende. Solange dieses Spiel andauert - und es muss andauern, solange der Westen keine Lösung für diese Fragen findet - muss auch die Staatengemeinschaft in Bosnien bleiben. Boris Kálnoky