Drei Tage vor dem Sonderparteitag der nordrhein-westfälischen FDP in Wesel sind gestern die letzten Bemühungen prominenter Liberaler gescheitert, den Machtkampf zwischen Parteichef Guido Westerwelle und Jürgen W. Möllemann zu vermeiden und mit einer Kompromisslösung das Duell und den Parteitag in Wesel zu verhindern.
Düsseldorf/Berlin - Obwohl Möllemann gestern der Berliner Morgenpost sagte, «meine Hand zur Versöhnung mit Guido Westerwelle bleibt ausgestreckt», war er nicht mehr bereit, zugunsten seiner Stellvertreterin Ulrike Flach auf den Landesvorsitz in NRW zu verzichten. Dies hatte er zuvor Vertrauten im Landesvorstand unter der Bedingung zugestanden, dass Westerwelle gleichzeitig seinen Kandidaten Andreas Pinkwart zum Verzicht auf eine Kampfkandidatur bewegen würde.
Einen entsprechenden Bericht dieser Zeitung wertete Möllemann gestern als «gute Absicht dieser Brückenbauer», die aber zu einem falschen Zeitpunkt interveniert hätten. Der Bericht sei von seinen Gegnern in der Berliner Parteiführung «dazu benutzt worden, Westerwelle weiter in den Konflikt hineinzuziehen».
Dieser Darstellung Möllemanns wurde in Berlin klar widersprochen. Westerwelle erklärte, es sei die «eigene Entscheidung Möllemanns», wenn er von sich aus auf den Vorsitz der NRW-FDP verzichte: «Der Sonderparteitag von Wesel am 7. Oktober findet statt und entscheidet souverän über die Nachfolge im Amt des Landesvorsitzenden.»
In der Umgebung Westerwelles hieß es, nach den vielen Eskapaden Möllemanns sei die Zeit für Kompromisslösungen abgelaufen. Westerwelle werde in Wesel mit der Parole «Er oder ich» die Delegierten auffordern, Möllemann zu entmachten. Dabei schloss man in der FDP-Führung nicht aus, dass auch bei einer möglichen Niederlage Pinkwarts ein Kompromisskandidat für den Landesvorsitz in Düsseldorf gewählt werden könne. Auch wurde kein Junktim zwischen der Abwahl Möllemanns und seiner Position als Vorsitzender der Landtagsfraktion in NRW hergestellt.
In einem Brief an die 400 Parteitagsdelegierten von Wesel warf Pinkwart Möllemann gestern vor, die Landes-FDP «zur Verfügungsmasse eines Einzelnen» gemacht zu haben. Das umstrittene Flugblatt Möllemanns mit Angriffen auf Ariel Scharon und Michel Friedman habe «den Stolz und die Seele unserer Partei verletzt». So etwas dürfe sich die FDP von niemandem gefallen lassen, «auch nicht von einem Mann, der sich in der Vergangenheit große Verdienste um die FDP erworben hat.»
Möllemann räumte erneut ein, dass es falsch gewesen sei, das Flugblatt ohne Absprache mit der Partei zu verteilen. Für diesen Fehler habe er bereits mit seinem Rückzug aus der FDP-Bundesführung Verantwortung übernommen. Er kündigte an, er werde am Montag in Wesel «Klartext sprechen». Dort gehe es um die Frage, ob die Gleichen, die 1994 schon einmal gegen ihn geputscht hätten, die FDP wieder in die politische Bedeutungslosigkeit führen dürften.
Möllemann sagte der Berliner Morgenpost, Hans-Dietrich Genscher habe sich niemals das Recht genommen «oder in die Lage versetzen lassen, einem Landesverband der Partei einen Vorsitzenden aufzuzwingen. Aus Respekt vor der Autonomie der Landesverbände war Genscher immer klug genug, seine Reputation nicht von Personaldebatten in Landesverbänden abhängig zu machen». Im übrigen brauche Guido Westerwelle «in Wesel überhaupt keinen Vertrauensbeweis, weil er das Vertrauen der gesamten Partei besitzt und von niemandem in Frage gestellt wird».
Scharf attackierte Möllemann gestern Pinkwart, der in der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» erklärt hatte, Möllemann sei für die FDP «nicht mehr tragbar», weil er durch seine Aktionen die Partei «in die braune Ecke gedrängt» habe. Dies sei «unfair und unanständig», weil Pinkwart das nur gesagt habe, «um an mein Amt zu kommen», sagte Möllemann.