«Israel kann sich auf Deutschland verlassen»

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dpa Jerusalem - Israel kann sich auf die Solidarität der Bundesregierung verlassen. Das versicherte Bundesaußenminister Joschka Fischer dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon gestern bei einem mehr als zweistündigem Gespräch in Jerusalem. Auch die größeren Parteien im Bundestag verträten diese Linie der Regierung, sagte Fischer. Zugleich steht Scharon nach Angaben des Außenministers dem US-Vorschlag einer internationalen Nahost-Konferenz positiv gegenüber.

Zu Beginn der Woche hatte sich FDP-Chef Guido Westerwelle von Scharon offene Kritik an anti-israelischen-Tönen in der FDP anhören müssen. Fischer warnte vor Geschichtsvergessenheit. Er sagte beim Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem, diese Debatte gehe an einer breiten Mehrheit der Bevölkerung vorbei. «Das geht aus wie alle Identitätsdebatten», die seit den 50er-Jahren mit unterschiedlichen Akzenten etwa alle fünf bis zehn Jahre wiederkehrten. Der Grünen-Politiker warnte davor, der Debatte mit der jüngeren Generation über die deutsche Vergangenheit oder über den Wunsch, einen Schlussstrich ziehen zu wollen, auszuweichen. Diese Debatten müssten geführt werden, da sie die Demokratie stärkten. Er unterstrich, dass bisher fast alle Antisemitismus-Kontroversen zu einer Stärkung der Bindungen zwischen Israel und Deutschland geführt hätten.

Fischer schrieb in das Gästebuch der Gedenkstätte den Satz: «Wer aber vor der Vergangenheit die Augen schließt, wird blind für die Gegenwart». Den Satz hatte der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner Rede im Bundestag am 30. Mai 1985 gesprochen, in der er sich demonstrativ zu historischer deutscher Schuld durch den Nationalsozialismus bekannt und die Überlebenden um Verzeihung gebeten hatte.

Premierminister Scharon sagte, Deutschland sei ein Israel sehr freundlich gesonnenes Land. Er hob die engen Kontakte zwischen Israel und Deutschland unter Kanzler Gerhard Schröder hervor.

Unterdessen will die israelische Armee eine strafrechtliche Untersuchung nach dem Tod eines 17-jährigen Palästinensers in Ramallah einleiten. Die Armee reagierte nach Angaben eines Sprechers damit gestern auf die Veröffentlichung eines Berichtes der israelischen Menschenrechtsorganisation Bezelem, wonach Murad Awaisa am 31. März unter ungeklärten Umständen erschossen worden ist. Nach Augenzeugenberichten fielen die Schüsse, nachdem israelische Soldaten den Jugendlichen gewaltsam zur Toilette geführt hatten.

In dem Bericht von Bezelem heißt es weiter, die 14 festgenommenen Jugendlichen seien zuerst von israelischen Soldaten mit Gewehrkolben und Knüppeln verprügelt worden. Danach hätten Awaisa und ein Freund gebeten, auf die Toilette gehen zu dürfen. Als der Freund mit gebrochenen Beinen und Händen von den Israelis zurückgebracht worden sei, habe sich der 17-Jährige geweigert, ebenfalls zur Toilette zu gehen. Vier Soldaten hätten daraufhin mit Gewalt aus dem Raum gebracht. Später habe ein Soldat gesagt: «Wir haben Euren Freund Murad umgebracht.»

Außenminister Fischer will auf seiner Nahost-Reise neben Ariel Scharon auch noch mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat zusammentreffen.