Im Streit um die deutsche Position im Falle eines Irak-Krieges haben Kanzler Gerhard Schröder und führende Koalitionspolitiker betont, es gebe keinen Kurswechsel. Die Äußerungen von Außenminister Fischer entsprächen dem Regierungsstandpunkt.
Berlin - Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat sich in der Diskussion um ein deutsches Ja im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu einem Irak-Krieg hinter Außenminister Joschka Fischer (Grüne) gestellt. Schröder kommentierte die Debatte am Rande seiner China-Reise mit den Worten: «Viel Lärm um nichts.» Die Wellen, die Fischer mit dem «Spiegel»-Interview ausgelöst habe, «schlagen zu Unrecht». Er sprach von einer «Überinterpretation» von Journalisten. Weitere Rückendeckung bekam Fischer von der Fraktionsspitze der Grünen.
Fischer hatte eine Zustimmung zu einem Militärschlag nicht ausdrücklich ausgeschlossen und damit massive Proteste bei den Grünen ausgelöst. Nach Ansicht von Union und FDP gibt die Bundesregierung damit ihre kategorische Ablehnung eines Militärschlags schrittweise auf. Wörtlich sagte der Außenminister: «Fest steht, dass wir uns militärisch an einer Intervention nicht beteiligen.» Niemand könne aber das deutsche Votum im Sicherheitsrat vorhersagen, «da keiner weiß, wie und unter welchen Begleitumständen der Sicherheitsrat sich hiermit befassen wird». Deutschland wird von Januar an für zwei Jahre eines der zehn nichtständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat sein und im Februar den Vorsitz ausüben.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering bekräftigte, es werde keine deutsche Beteiligung an einem Krieg im Irak geben. An dieser Haltung der Bundesregierung habe sich nichts geändert, sagte Müntefering im Inforadio Berlin-Brandenburg. Er verstehe die «ganze Aufregung» nicht.
Auch die Fraktionsspitze der Grünen gab Fischer Rückendeckung. Fraktionschefin Krista Sager sagte der «Berliner Zeitung», der Außenminister habe «nur deutlich gemacht, dass er keine Spekulationen anstellen will, was irgendwann unter irgendwelchen Bedingungen passieren könnte». Sie fügte hinzu: «Selbst wenn man diesen Krieg für falsch hält, selbst wenn man sich an diesem Krieg nicht beteiligt, kann man trotzdem das eigene Handeln im Sicherheitsrat nicht völlig unabhängig von dem gestalten, was unsere Partner möglicherweise machen werden.»
Sagers Co-Vorsitzende, Katrin Göring-Eckardt, versicherte, Fischers Äußerungen bedeuteten weder eine politische Kehrtwende noch ein vorbeugendes Ja. Fischer widerspreche damit nicht den Wahlkampfversprechen seiner Partei, sagte Göring-Eckardt. Die Grünen hätten sich vor der Wahl gegen einen Krieg im Irak ausgesprochen, aber immer wieder betont, Deutschland stehe zu seinen Bündnisverpflichtungen.
Am Wochenende hatte sich Grünen-Vizefraktionschef Hans-Christian Ströbele gegen Fischer gestellt. Kritik kam auch von der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irmingard Schewe-Gerigk, dem Bundestagsabgeordneten Winfried Hermann und der niedersächsischen Grünen-Chefin Heidi Tischmann.
Schröder bekräftigte seine Hoffnung, dass auf eine militärische Intervention im Irak verzichtet werden kann. Gleichzeitig betonte er: «Wir müssen darauf bestehen, dass der Irak, wenn er denn Massenvernichtungswaffen hat, entwaffnet wird.» Er hoffe aber, dass dies durch internationalen Druck gelinge. In seiner vorab verbreiteten Neujahrsansprache bekräftigte der Kanzler, in der Irak-Frage bleibe die Bundesregierung bei ihrem Anti-Kriegs-Kurs. Deutschland sei es seiner Geschichte schuldig, die Alternativen zum Krieg zu betonen. Es bleibe Ziel seiner Politik, «die Durchsetzung der UN-Resolution ohne Krieg zu erreichen». dfs