Berlin - Israel kann auf weitere militärische Hilfe von Deutschland hoffen. Bundeskanzler Schröder machte nach einem Gespräch mit dem israelischen Staatspräsidenten Katzav deutlich, dass neben den bereits zugesagten Flugabwehrraketen vom Typ Patriot weitere Rüstungslieferungen erörtert würden. Zu Einzelheiten wollte er sich nicht äußern.
Schröder hatte Israel vor zwei Wochen zwei Patriot-Batterien zum Schutz der Bevölkerung gegen Luftangriffe zugesagt. Daneben hatte die israelische Heeresleitung Fuchs-Transportpanzer angefordert. Eine offizielle Regierungsanfrage dazu liegt allerdings noch nicht vor. Schröder sagte, bei dem Gespräch mit Katzav sei es neben den Patriots auch «um Hilfe in anderen Bereichen» gegangen. «Selbstverständlich sind das Entscheidungen, die nicht in die Öffentlichkeit gehören.»
Katzav betonte, die Bitte um militärische Hilfe müsse über «diplomatischen Kanäle» geklärt werden. Er hatte noch am Wochenende den israelischen Wunsch nach Lieferung von Transportpanzern bekräftigt.
Vor dem Treffen mit Schröder war Katzav von Bundespräsident Rau mit militärischen Ehren begrüßt worden. Er habe deutlich gemacht, dass Deutschland an der Seite Israels stehe, sagte Rau. Er habe aber auch nicht verschwiegen, dass es kritische Stimmen zur israelischen Politik gebe.
Am Nachmittag besuchte Katzav das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg. In bewegenden Worten versprach das israelische Staatsoberhaupt «stehend hier auf der Asche meiner Brüder und Schwestern, die den Holocaust nicht überlebt haben, wird das israelische Volk die Erinnerung an die Shoah bewahren und an die nachfolgenden Generationen weitergeben». Im Angesicht der Mahnmal gewordenen Relikte der Vernichtungsmaschinerie der Nazis nahm Katzav das deutsche Volk in die Pflicht und nannte es «zugleich Aufgabe des jüdischen wie auch des deutschen Volkes, dass sich solche Gräueltaten in der Menschheit nie wiederholen dürfen». Dann legte Katzav zusammen mit Bundespräsident Rau Kränze nieder und verharrte, begleitet von hebräischem Trauergesang, in innigem Gebet vor den Fundamenten der Öfen, in denen die Leichen der ermordeten Häftlinge verbrannt worden waren.
Katzav verwies auf die identitätsstiftende Funktion, die die Gräuel der Shoah für das Volk Israels nach dem Zweiten Weltkrieg gehabt hätten, «obwohl die Shoah ein Trauma für uns ist». Auch hier zögerte er nicht, die Deutschen einzubinden, als er sagte, das Volk der Täter sei gleichermaßen stigmatisiert. «Sie ist auch ein Trauma für die Deutschen.» Katzav sprach nicht weiter. Seine Botschaft indes wurde von den Anwesenden, darunter Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck und der Zentralratsvorsitzende Paul Spiegel, verstanden: Das Schicksal der Deutschen und der Israelis wird für immer untrennbar miteinander verbunden sein.
Anschließend besichtigte Präsident Katzav eine 1992 bei einem antisemitisch motivierten Brandanschlag zerstörte und 1997 wieder eröffnete ehemalige Häftlingsbaracke. Sie beherbergt heute eine Ausstellung zur Geschichte der jüdischen Häftlinge. AFP/luka