Senfgas-Granaten in Saddams Arsenalen

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Bagdad - Die UN-Waffeninspektoren haben in einer ehemaligen Rüstungsfabrik in Irak ein Dutzend Granaten mit Spuren von Senfgas entdeckt. Der irakische Staatschef Saddam Hussein rief die Bevölkerung gestern zur Unterstützung der UN-Experten auf. Zuvor hatte Vizepräsident Taha Jassin Ramadan den Waffeninspektoren vorgeworfen, für die Geheimdienste der USA und Israels zu spionieren.

Schon vor ihrem Besuch am Mittwoch war den Inspektoren die Existenz der Artilleriegeschosse in dem Rüstungskomplex in der irakischen Wüste bekannt, nicht aber deren chemische Komponente. Die Anlage El Muthanna, 70 Kilometer nordwestlich von Bagdad, war Ende der 90er-Jahre von den UN-Inspektoren zerstört worden. Irak hatte in der Fabrik neben Senfgas auch Sarin, VX und Tabun produziert.

Es war das erste Mal seit Wiederaufnahme der Inspektionen vor eineinhalb Wochen, dass die Rüstungskontrolleure von einem derartigen Waffenfund berichteten. Gleichwohl bekräftigte der stellvertretende irakische Ministerpräsident Tarik Asis im US-Fernsehsender ABC, Irak verfüge über keine atomaren, biologischen oder chemischen Waffen.

Bis Sonntag muss Irak gemäß der jüngsten UN-Resolution eine Liste möglicher Massenvernichtungswaffen vorlegen. Asis sagte, diese Liste werde den UN-Inspektoren morgen übergeben. Er sei aber überzeugt, dass die Erklärung die USA nicht davon abhalten werde, Krieg gegen sein Land zu führen. «Wenn sie herausfinden, dass es keine Massenvernichtungswaffen gibt, werden sie einen anderen Vorwand benutzen, um anzugreifen,» sagte Asis.

Die USA haben nach Angaben von Präsidentensprecher Ari Fleischer solide Beweise dafür, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt. Die US-Regierung werde nun abwarten, was das irakische Regime in seinem Bericht offen legt.

Saddam Hussein bezeichnete die UN-Inspektionen gestern als Chance, die Behauptung der USA zu widerlegen, dass Irak im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei. Vor Mitgliedern der regierenden Baath-Partei und der Armee rief er in einer Ansprache die Bevölkerung zur Unterstützung der UN-Kontrolleure auf. Er sei mit den Inspektionen einverstanden, um Schaden von seinem Volk abzuwenden. «Manche könnten behaupten, dass wir ihnen keine wirkliche Chance gegeben haben, die amerikanischen Anschuldigungen mit handfesten Beweisen zu widerlegen. Wir sollten ihnen eine solche Chance geben», sagte Saddam Hussein.

Unterdessen beschloss der Weltsicherheitsrat einstimmig, das Irak-Hilfsprogramm «Öl für Lebensmittel» um weitere sechs Monate zu verlängern. Allerdings soll innerhalb von 30 Tagen die Liste der Güter überprüft werden, die Irak nicht importieren darf. Die USA hatten vor der Verlängerung des Programms gefordert, rund 50 weitere Artikel auf den Index zu setzen. Die übrigen 14 Mitglieder des Sicherheitsrats sahen hierfür jedoch keinen Anlass. AP