Schüssels Triumph ist Haiders Absturz

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Wien - Nach seinem triumphalen Abschneiden bei der vorgezogenen Neuwahl am Sonntag ließ ÖVP-Chef Schüssel die Koalitionsfrage zunächst offen: Er wolle einen «stabilen und zuverlässigen» Regierungspartner, sagte der Bundeskanzler. Im Vorfeld der Wahl hatte der 57-Jährige auch eine Minderheitsregierung nicht ausgeschlossen.

Die rechtspopulistische FPÖ hatte gestern entschieden, über eine neuerliche Regierungsbeteiligung zu verhandeln. Seine Partei sei zu Koalitionsverhandlungen mit allen Parteien bereit, sagte der amtierende FPÖ-Chef Sozialminister Herbert Haupt. Die Partei führte gestern nach der empfindlichen Wahlniederlage rund sechs Stunden lang Beratungen hinter geschlossenen Türen.

Der Chef der auf den zweiten Platz verwiesenen Sozialdemokraten, Alfred Gusenbauer, hatte bereits angekündigt, seine Partei wolle nur als stärkste Kraft in die Regierung gehen. SPÖ-Kandidat Wolfgang Petritsch machte die Enttäuschung über die rot-grüne Regierung in Berlin für das schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten in Österreich mit verantwortlich. Rot-Grün sei in Österreich nicht sehr populär, die rot-grüne Regierungsarbeit in Deutschland habe in den vergangenen Wochen das Vorurteil nur weiter verstärkt.

Sieger Schüssel hat nun freie Hand. Im Februar 2000 war er nur mit Hilfe der auf 27 Prozent der Stimmen hochgeschnellten FPÖ Kanzler geworden. Seine ÖVP blieb bei der Wahl 1999 hinter der SPÖ und der FPÖ zurück. Diesmal liefen der FPÖ Wähler in Scharen davon und Schüssel hatte aus dem Schaden seines ehemaligen Koalitionspartners doppelten Nutzen. Die ÖVP zog viele enttäuschte FPÖ-Wähler an und sicherte sich zugleich die Vormachtstellung in einer neuen Koalition. Auch in einem Bündnis mit der SPÖ könnte Schüssel, der als Vizekanzler in der großen Koalition von SPÖ und ÖVP gedient hatte, nun den Ton angeben. Schüssel gehört seit langem zur politischen Führungsschicht. Von 1989 an war er Wirtschaftsminister, dann von 1995 bis 1999 Außenminister und Vizekanzler. Den Sieg für die ÖVP schaffte er erst im dritten Anlauf.

Bei der Wahl erhielt die Volkspartei laut vorläufigem Endergebnis 42,3 Prozent der Stimmen und wurde damit erstmals seit 36 Jahren stärkste politische Kraft. Die Sozialdemokraten erzielten 36,9 Prozent, die FPÖ verlor im Vergleich zu 1999 fast zwei Drittel ihrer Wählerstimmen und stürzte auf 10,16 Prozent ab. Die Grünen wurden mit 8,96 Prozent wieder viertstärkste Partei.