Österreich bleibt konservativ

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Jacques Schuster

Was herrschte für Aufregung, als die ÖVP im Oktober 1999 eine Koalition mit Jörg Haiders FPÖ schloss. Deutsche, Franzosen und Belgier gaben vor, die braunen Horden bereits über den Kärntner Ring marschieren zu sehen und straften das Land mit einem Boykott. Vor einem Ruck ins Extreme fürchtete sich in der Berliner Regierung allerdings niemand. Allein innenpolitische Beweggründe spielten eine Rolle, mit Österreich derart harsch umzuspringen. Im Grunde zeigte die Bundesregierung schon damals, wie leichtfertig und verantwortungslos sie mit der Außenpolitik umgeht, wenn es ihr innen- oder parteipolitisch in den Kram passt. Schlimmer noch: Unter Rot-Grün hat Deutschland keine Außenpolitik. Es besitzt nur ein System von Innenpolitiken.

Jörg Haider jedenfalls ließ sich durch die gläubig-moralisierenden, Betroffenheit vortäuschenden Drohgebärden deutscher und europäischer Politiker nicht in die Enge treiben. Das gelang nur einem: Wolfgang Schüssel. Trotz gemeinsamen Bündnisses suchten beide Politiker von Anfang an die Konfrontation. Sie glich keinem Krieg, eher dem Kampf zweier Kater: einem Sich-Umschleichen und Belauern mit verdeckten Krallen. Schüssel begriff, dass Haiders FPÖ ihre Kraft aus der bleiernen Zeit der Großen Koalition zog und geschwächt werden würde, wenn er die Protestpartei als Kanzler in der Regierung einhegen würde. Haider wiederum erwartete, Schüssel zu Fall zu bringen, indem er die zweite Garde seiner Parteifreunde in die Regierung schickte, selbst Wien fernblieb und sich als Kritiker der Koalition betätigte. Er hoffte, Schüssel auf diese Weise zur Strecke zu bringen, damit er - vom Koalitionsgeklüngel unbeschadet - seine FPÖ zum Sieg führen und selbst als Retter Österreichs die Kanzlerschaft erringen könnte.

Schüssel aber hat sich durchgesetzt. Ihm gelang es, seine Partei erstmals seit 1966 wieder zur stärksten politischen Kraft im Land zu machen und die rechte FPÖ nahezu einflusslos zurückzulassen. Der ÖVP-Chef warf sie auf ein Drittel ihrer bisherigen Stärke zurück und katapultierte die Freiheitlichen damit auf den Stand von 1986.

Schüssel bleiben nun mehrere Koalitionsmöglichkeiten. Sicher wird er sich für ein weiteres Bündnis mit der FPÖ entscheiden. Einen willfährigeren Partner wird der alte und neuen Kanzler nicht finden. Und Haider? Er ist am Ende. Im Grunde wurden er und seine FPÖ abgewählt. Sein Rücktritt als Landeshauptmann (Ministerpräsident) in Kärnten ist nur konsequent. Dennoch: Haider wäre nicht Haider, wenn er das Spiel verloren gäbe. Wieder zieht er sich zurück, wird Kräfte sammeln und vom Wartestand aus, seine Taktik der kontrollierten Regelverstöße fortsetzen. Was er genau vorhat, bleibt offen. Eines aber ist sicher: Wolfgang Schüssel wird von ihm noch hören.