Paris - Knapp sieben Monate nach dem tödlichen Al-Qaida-Attentat von Djerba hat der französische Inlands-Geheimdienst bei Lyon acht Verdächtige festgenommen. Wie das Pariser Innenministerium gestern mitteilte, stammen die Verdächtigen aus dem familiären Umfeld des mutmaßlichen Djerba-Attentäters Nizar Ben Mohamed Nawar.
Sie wurden im zentralfranzösischen Departement Rhône vom Inlands-Geheimdienst DST aufgegriffen und in Lyon festgesetzt. Unter den Festgenommenen sind sowohl die Eltern Nawars als auch sein Bruder Walid.
Bei dem Anschlag waren 19 Menschen getötet worden, darunter 14 Deutsche, drei Tunesier, ein Franzose sowie ein Franko-Tunesier. Vor der Ghriba-Synagoge auf der tunesischen Ferieninsel Djerba war am 11. April ein Lastwagen mit einem Gastank explodiert. Neunzehn Deutsche erlitten zum Teil schwerste Verbrennungen. Als mutmaßlicher Attentäter gilt Nawar, dessen Eltern und Geschwister in einem Vorort von Lyon leben. Nawar soll den Iveco-Lastwagen vor die älteste Synagoge Afrikas gesteuert und vor der Zündung kaltblütig gewartet haben, bis sich eine möglichst große Zahl von Touristen in der jüdischen Kultstätte gesammelt hatte. Als mutmaßlicher Mittäter war ein Onkel Nawars in Tunesien verhaftet worden. Nawar hatte mit einem mutmaßlichen Kontaktmann in Deutschland telefoniert. Dies berichtete das französische Fernsehen TF1. Nizar Nawars 22-jähriger Bruder Walid Nawar war bereits im April vorübergehend wegen illegaler Einreise nach Frankreich festgenommen und wegen eines Formfehlers wieder freigelassen worden.
An den Festnahmen der Verdächtigen in Saint-Priest Vénissieux im Osten von Lyon war nach Angaben des französischen Innenministeriums auch die Eingreiftruppe der nationalen Polizei Lyon beteiligt. Bei der Aktion wurden demnach Dokumente sichergestellt, die «offenbar in einem direkten Zusammenhang mit dem Attentat stehen». Die Festgenommenen wurden zunächst in Polizeigewahrsam genommen. Dieser kann bei Vorwürfen des Terrorismus oder des Drogenhandelns bis zu vier Tage dauern, anschließend müssen die Betroffenen einem Haftrichter vorgeführt werden.
Die tunesischen Behörden hatten nach der Explosion zunächst von einem Unfall gesprochen. Im Juni bekannte sich die mutmaßliche Terror-Organisation Al Qaida zu dem Attentat. Der Anschlag sei von einem jungen Mitglied der Terror-Organisation verübt worden, hatte ein Sprecher der Organisation, Suleiman Abu Ghaith in einer vom katarischen Fernsehsender El Dschasira ausgestrahlten Erklärung gesagt.
Der Attentäter habe «nicht zusehen» können, «wie seine Brüder in Palästina sich töten lassen müssen, während die Juden spazieren gehen, sich amüsieren und ihre Rituale (in Tunesien) öffentlich praktizieren können».
Bei den Festnahmen handelten die französischen Einsatzkräfte nach Angaben des Pariser Innenministeriums auf Weisung des Anti-Terror-Richters Jean-Louis Bruguière. Bruguière ermittelt wegen Mordes und Mordversuches in Zusammenhang mit einer terroristischen Unternehmung. Bruguière war im September in Begleitung von DST-Beamten zu einem Treffen mit tunesischen Ermittlern nach Djerba gereist. Der Sohn des Franzosen Paul Sauvage hatte in Paris Strafanzeige eingereicht. Sauvage war eines der Anschlagsopfer.