Teuflische Beitrags-Spirale

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Nikolaus Blome

Eines ist sicher: Die Rente ist es nicht mehr. Mit der happigen Beitragserhöhung kommen die rot-grünen Flickschuster keineswegs auf die «sichere Seite», wie SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sagt. Wie weit die jetzt abgeschöpften Milliarden reichen, hängt allein am Wohl und Wehe der Konjunktur - und die hat in den letzten Monaten noch jeden Wirtschaftsweisen das Fürchten gelehrt. Nein, die rot-grüne Regierung gerät mit dem Schritt von 19,1 auf 19,5 Prozent vom Bruttolohn endgültig in eine teuflische Spirale, in der eine Beitragserhöhung erst Jobs vernichtet, was die Einnahmebasis weiter verkleinert - und dann die nächste Beitragserhöhung erzwingt.

Man muss nicht zur berufsmäßig skeptischen Opposition gehören, um zu erkennen, dass sich die Regierenden spät Nachts im Kanzleramt nicht zu einem Befreiungsschlag aufgerafft haben. Gereicht haben Mut und Tatkraft allein für eine weitere Lage weißer Salbe und jede Menge hässliche Heftpflaster.

In einem geradezu rührenden Reflex begehrten die Grünen zwar ein erstes, kurzes Mal dagegen auf. Als wären sie doch Reformer, wollten sie sich mit des Kanzlers zahlenummauerten «Sachzwängen» nicht ohne weiteres abfinden. Doch sie holten sich eine krachende Abfuhr, die Gerhard Schröder wie zur Warnung an den kleineren Partner noch nicht einmal notdürftig kaschieren mochte. Die Grünen um ihren Star Joschka Fischer haben am 22. September dem SPD-Kanzler vielleicht den knappen Wahlsieg gesichert - doch wer Koch ist und wer Kellner, das will Schröder weiter selbst bestimmen. Statt also anzufangen, reinen Tisch zu machen bei der Rente, soll es eine Kommission jetzt richten, noch eine. Als sei noch üppig Zeit in Deutschland.

Doch es geht längst nicht mehr um einen Mangel an Ideen für Abhilfe im Rentensystem. Ein Blick schon in europäische Nachbarländer lehrt, wie Altersvorsorge zu sichern ist, ohne unablässig einen bestimmten Teil der arbeitenden Generation immer weiter zu belasten. Der ehrbare Ansatz der privaten Riester-Rente reicht eben bei weitem nicht, weil er die überlastete Konstruktion nicht schnell genug wird abstützen können.

Das sollte nicht nur die zukünftigen Rentner schrecken, sondern auch die heutigen. Spitzt sich die wachsende Ungerechtigkeit zwischen Jung und Alt mit dem gegenwärtigen Tempo weiter zu, kann auch der Kanzler für nichts mehr garantieren.

Jeder weiß das, auch die SPD - und die Grünen erst recht. Doch es scheint nichts zu ändern; das Gewurstel geht weiter und wächst sich zum Skandal aus: Von der Wahrheit nur wahr haben zu wollen, was gerade in den Wahlkalender passt - das ist die rot-grüne Krankheit am Anfang ihrer zweiten Amtszeit.