Düsseldorf - Mit Wolfgang Clement verlässt das letzte sozialdemokratische Alphatier Nordrhein-Westfalen - das größte Bundesland, das seit 36 Jahren von der SPD dominiert wird. Nach Heinz Kühn (1966 bis 1978) und Johannes Rau, der fast zwei Jahrzehnte lang bis 1998 als ungekrönter Landesvater mit hinter Bibelsprüchen getarntem Machtbewusstsein herrschte, war Clement der dritte Regent mit rotem Parteibuch.
Der künftige Bundesarbeits- und Wirtschaftsminister verlässt NRW zu einem Zeitpunkt, an dem das Land einer ungesicherten Baustelle gleicht. NRW trägt die rote Laterne beim Wirtschaftswachstum, hat nach Bremen mit 9,3 Prozent die höchste Arbeitslosigkeit im Westen, lahmt mit einer Selbstständigenquote von 9,1 Prozent weit hinter anderen Bundesländern her und präsentiert sich wegen seiner desolaten Kassenlage mit einer Investitionsquote von nur noch 9,5 Prozent abgrundtief unter dem Länderdurchschnitt von 14,4 Prozent.
Schlimmer noch ist für die gestern noch immer entsetzten Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr die nun unter hohem Zeitdruck notwendige Suche nach einem Nachfolger. Allein die Tatsache, dass Harald Schartau, SPD-Landeschef und Arbeitsminister, die für ihn existenzielle und hoch brisante Personalie erst durch die «Focus»-Meldung erfahren hat, ist ein beispielloser Vorgang. Mit dem Rücktritt Clements endet auch Schartaus Kabinettsrang. Zwar wird ihn der designierte Clement-Nachfolger Peer Steinbrück wieder auf den alten Ministerstuhl berufen. Schartau war aber selbst als «Kronprinz» im Gespräch, kann die Nachfolge aber nicht antreten, da ihm das laut Landesverfassung notwendige Mandat im Landtag fehlt.
Doch auch der aus Hamburg stammende Steinbrück ist noch nicht Herr im «Stadttor». Denn der knurrige Diplomvolkswirt ist in der SPD nicht verankert, weil er vor den oft auch bierseligen sozialdemokratischen Kungelrunden in verstohlenen Hinterzimmern flüchtete. Gestern galt es als nicht ganz ausgeschlossen, dass die 49 Jahre alte Gesundheitsministerin und aus Bochum stammende Birgit Fischer eine Kampfkandidatur gegen den Hanseaten am Rhein wagen könnte. Doch auf Befehl von SPD-Chef Gerhard Schröder, der heute in Düsseldorf persönlich seine Marschbefehle erteilen will, soll ausgerechnet Schartau nun die Mehrheit für den Wunschnachfolger Clements «organisieren».
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