Leserbriefe

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Die Lehrer haben es satt

Zum Artikel: «Schul-Misere: Heftige Kritik an der Bildungspolitik des Senats» vom 27.9.2002

Bedauerlicherweise gelingt es den Medien im Allgemeinen nur bedingt, die fatalen Auswirkungen einer seit Jahren verfehlten Bildungspolitik zu vermitteln. Wie lange wird es dauern, bis schöpferische Schulen ihren Weg der Individualisierung von Unterricht und ihre innovativen Projekte aufgeben müssen? Die Lehrer haben schon lange das Gefühl, dass ihnen «die Luft abgeschnürt» wird (Streichung von Stunden, massive Erhöhung der Klassenfrequenzen, Verrottung von Schulgebäuden). Unter solchen Bedingungen soll die Bildungs- und Persönlichkeitsentwicklung unserer Kinder zu fördern sein? Welche Konsequenzen ziehen unsere Politiker aus Pisa? Dieselben Politiker, die die schlechte Qualität der Schule beklagen, sorgen dafür, dass durch immer enger gesteckte Rahmenvoraussetzungen die Lernbedingungen kontinuierlich verschlechtert werden. Neben zahlreichen, langfristig sich auswirkenden Nachteilen für die Schüler führt dies zu extremer Belastung der dort arbeitenden Lehrer.

Die Schulqualität im Allgemeinen und ein Schulkonzept steht und fällt aber mit dem Engagement der dort arbeitenden Menschen. Die Lehrer, die seit Jahren trotz sich ständig verschlechternder Lernbedingungen engagierte Arbeit leisten, haben es satt, nicht nur die verfehlte Bildungspolitik ausbaden zu müssen, sondern dann auch noch für das schlechte Bildungsniveau verantwortlich gemacht zu werden. Hier findet eine Verdrehung von Ursache und Wirkung statt! Diese Bildungspolitik ist Augenwischerei. Christel Graaf, Lehrerin, Berlin-Steglitz

Geschichtsklitterung

Zum Artikel: «Treitschke war ein Antisemit» vom 2.10.2002

Treitschke war einer der bedeutendsten deutschen Historiker des 19. Jahrhunderts, Nachfolger Leopold von Rankes auf dem Berliner Lehrstuhl und später als Historiograph des preußischen Staates. Seine Persönlichkeit wird in den Lexika mit längeren Artikeln und meist mit Bild gewürdigt. Von seinem Hauptwerk «Deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts» sagt man, es sei das meistgelesene wissenschaftliche Werk seiner Zeit gewesen.

Von 1871 bis 1884 war Treitschke Reichstagsabgeordneter, zunächst der nationalliberalen Partei, deren Vorsitzender in der Weimarer Republik Stresemann war (Deutsche Volkspartei). Wenn der Direktor des Jüdischen Museums Blumenthal Treitschke «undemokratisches Denken» unterstellt, leuchtet das überhaupt nicht ein. Sollte man die Treitschkestraße umbenennen, wäre das keine Bewältigung der Vergangenheit, sondern eine Geschichtsklitterung und ein Beitrag zur Provinzialisierung des kulturellen Klimas in Berlin.

Herbert Bath, Berlin-Nikolassee

Bürger haben nichts zu melden

Zum Artikel: «SPD für Renate Schmidt als Bundespräsidentin» vom 2.10.2002

Das ist doch die wackere Frau, die als Landesvorsitzende der SPD in Bayern jede Wahl gegen die CSU haushoch verloren hat. Nun soll sie nach dem Willen der SPD also zu späten Ehren kommen. Wir Bürger haben dabei nichts zu melden und sollen dann jemanden respektieren, den uns Parteien vor die Nase gesetzt haben. Uns gefällt das nicht.

Morten Birnbacher, Berlin-Prenzlauer Berg

Alles vergessen?

Zum Artikel: «Wiederstand gegen Steuerpläne» vom 30.9.2002

Es scheint den Befürwortern der Wiedereinführung der Vermögenssteuer gänzlich entfallen zu sein, dass als Ausgleich für den Wegfall dieser Steuer ab 1.1.1997 die Erbschafts- und Schenkungssteuer beträchtlich angehoben und die Grunderwerbssteuer aus dem gleichen Grund von zwei auf 3,5 Prozent erhöht wurde.

Dieter Saris, Steuerberater,

Berlin-Britz