Berlin - Irak, Zuwanderung, Mobilcom: Wenige emotional aufgeladene Themen bestimmen die letzten Tage vor der Wahl. Doch wie steht es mit politischen Inhalten? Von heute an vergleicht daher die Berliner Morgenpost die Wahlprogramme der Parteien. Zunächst auf dem Prüfstand: Familienpolitik.
Nach dem Willen der SPD sollen nicht nur Eltern mit Trauschein von den familienpolitischen Vorhaben profitieren. Überall, wo Kinder sind, soll auch mehr Geld zur Verfügung stehen. Auf 200 Euro will die jetzige Regierung das Kindergeld mittelfristig erhöhen. Außerdem soll künftig eine Milliarde Euro jährlich in Betreuungsangebote und Ganztagsschulen fließen. Über die Umsetzung sollen Bund, Länder, Kommunen und Verbände beraten. Ziel dieses «Betreuungsgipfels»: Familie und Arbeit sollen sich in den nächsten Jahren leichter verbinden lassen als bisher. Dafür will die SPD Arbeitszeiten flexibler gestalten und Fortbildungsprogramme während der Elternzeit fördern. Das soll, so die Vorstellung der Partei, nach einer Babypause den Wiedereinstieg in den Job erleichtern. Mit einer erweiterten steuerlichen Absetzbarkeit von Betreuungskosten möchte die SPD besonders allein Erziehende finanziell entlasten.
Auch nach dem Willen der Union werden Familien finanziell künftig deutlich besser gestellt. Für den Fall ihres Wahlsiegs kündigen CDU und CSU an, ab 2004 mit der Einführung eines neuen «Familiengelds» zu beginnen. Es soll das bisherige Kindergeld ablösen und 600 Euro pro Monat für jedes Kind unter drei Jahren betragen. Für jedes Kind zwischen drei und 18 Jahren werden 300 Euro gezahlt. Für Kinder über 18 Jahren, die sich noch in der Ausbildung befinden, erhalten die Eltern 150 Euro. Ab dem vierten Kind steigt das Geld auf 170 Euro. Zusätzlich sollen Eltern bei den Sozialabgaben durch einen Kinderbonus für jedes Kind entlastet werden. Doch um das Leitbild einer «kinder- und familienfreundlichen Gesellschaft» zu verwirklichen, setzen CDU und CSU nicht allein auf finanzielle Anreize: «Wir lassen die Eltern bei der Erziehung nicht allein», versichert die Union und verspricht, für eine bessere Kinderbetreuung an den Schulen zu sorgen.
Die Grünen wollen das Angebot an Kindertagesstätten und Kindergärten ausbauen. Der Besuch von Tagesstätten soll in Zukunft kostenfrei werden. Jährlich fünf Milliarden Euro soll der Bund zur Umsetzung aufwenden. Um die Kinderarmut zu bekämpfen, wird nach Vorstellungen der Grünen das Kindergeld bei einkommensschwachen Familien um bis zu 100 Euro aufgestockt. Die Kosten dieser «Kindergrundsicherung» - zweieinhalb Milliarden Euro - sollen durch den Abbau der steuerlichen Vorteile für Eheleute «im oberen Einkommensbereich» gedeckt werden. Die Erziehungszeit können sich Mann und Frau teilen. Für den wegfallenden Arbeitslohn übernimmt, nach Plänen der Grünen, der Staat Ersatzzahlungen.
Für die FDP ist Familienpolitik ganz einfach: «Familie ist, wo Kinder sind», heißt es im Programm der Liberalen. Bessere Möglichkeiten der Kinderbetreuung und finanzielle Entlastung von Familien mit Kindern stehen im Vordergrund. So sollen Eltern vom Staat Gutscheine für qualifizierte Kinderbetreuung erhalten. Einzulösen sind die Scheine bei Kindertagesstätten, Kindergärten oder auch Tageseltern. Bund und Länder zahlen in fünf Jahren insgesamt fünf Milliarden Euro für den Ausbau von Kindertagesstätten. Außerdem plant die FDP einen Steuerfreibetrag von 7500 Euro für jedes Familienmitglied. Eine Familie mit zwei Kindern käme demnach auf einen Freibetrag von 30 000 Euro. Geld für Familien soll nicht mehr Teil der Sozialversicherung sein, sondern aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert werden.
Die PDS will jedem Kind mindestens ein altersgerechtes Existenzminimum zur Verfügung stellen. Dazu will sie das Kindergeld stufenweise anheben. Einkommensschwache Familien sollen das Geld sofort erhalten und nicht auf die stufenweise Aufstockung warten müssen. Für alle anderen steigt das Kindergeld zunächst auf 210 Euro und damit auf die Hälfte des durchschnittlichen Existenzminimums. Kinder und Karriere - diese Kombination soll nach dem Willen der PDS sogar rechtlich gesichert sein. Einen gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung und Freizeitgestaltung soll jedes Kind bis zum 14. Lebensjahr bekommen. eck/ar/uhl