Auch die Union defensiv in der Irak-Frage

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Berlin/Washington - Die rot-grüne Bundesregierung und die Union sind sich einig über eine Verringerung des deutschen Engagements im internationalen Anti-Terrorkampf, sollte der Irak Ziel eines US-Militärangriffs werden. In dem Fall müssten die deutschen Spürpanzer aus dem benachbarten Kuwait abgezogen werden, sagte ein Sprecher der Bundesregierung.

Auch Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) befürwortete einen solchen Schritt. Auf die konkrete Frage, ob die Panzer im Fall eines US-Angriffs gegen den Irak abgezogen werden müssten, sagte Stoiber: «Im Endergebnis ja.» Eine deutsche Beteiligung an einem Militärschlag kommt nach seinen Worten nur unter UN-Mandat und in enger Abstimmung mit den europäischen Partnern in Frage.

Der Regierungssprecher sagte, die Spürpanzer seien auf Grundlage des Bundestagsbeschlusses vom vergangenen November nur für den Kampf gegen den internationalen Terrorismus in Kuwait stationiert. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hatte zuvor gesagt: «Wenn die Gefahr besteht, dass unsere Soldaten in eine kriegerische Auseinandersetzung gegen den Irak verwickelt würden, wäre das durch den Bundestagsbeschluss nicht mehr gedeckt. Dann müssten sie abgezogen werden.»

Die Bundesregierung hat eine Beteiligung deutscher Soldaten an einer US-Militärintervention im Irak in den vergangenen Tagen vehement abgelehnt. Schröder hatte die amerikanischen Überlegungen eines Präventivschlags gegen den Irak unabhängig von einer Rückkehr der UN-Waffeninspektoren massiv kritisiert.

Die Außenminister der EU wollten gestern im dänischen Helsingr bei einem zweitägigen informellen Treffen über die Kriegsdrohungen der USA gegen Irak beraten. Die EU-Staaten setzen beim Umgang mit Irak eher auf Waffeninspektionen der Uno statt auf einen von den USA erwogenen militärischen Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein. Dennoch war nach Einschätzung von Diplomaten unklar, ob sich die Außenminister in Helsingör auf eine gemeinsame Linie wie ein von Großbritannien befürwortetes Ultimatum verständigen können. «Ich denke, die EU wird all ihr Vertrauen auf den UN-Generalsekretär (Kofi Annan) setzen», sagte der außenpolitische EU-Vertreter Javier Solana vor dem Treffen. EU-Außenkommissar Chris Patten sagte, dass von Irak eine Bedrohung ausgehe, werde allgemein anerkannt. Es gelte aber, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Die USA wollen nach den Worten von Vizepräsident Richard Cheney im Krieg gegen den Terrorismus und seine staatlichen Förderer keinen Alleingang. Vor Veteranen des Koreakrieges bekräftigte er gleichzeitig erneut, der irakische Diktator Saddam Hussein müsse abgelöst werden. Abschreckung und Eindämmung seien keine geeigneten Mittel gegen den Irak. «Was wir angesichts dieser tödlichen Bedrohung nicht tun dürfen, ist, Wunschdenken oder vorsätzlicher Blindheit nachzugeben», sagte Cheney. «Jetzt und in der Zukunft werden die USA eng mit der weltweiten Koalition zusammenarbeiten, um Terroristen und ihren staatlichen Sponsoren das Material, die Technologie und die Kenntnisse zu verweigern, die ihnen den Einsatz von Massenvernichtungswaffen erlauben würden.»

Cheney beschrieb Saddam als einen Diktator, der im Besitz von Vernichtungswaffen eine Gefahr für die Region und die Welt darstelle. Er sei davon überzeugt, dass Bagdad «recht bald» im Besitz von Nuklearwaffen sein könnte. Die Rückkehr von UN-Waffeninspekteuren gebe keine Sicherheit, dass sich Bagdad an die Auflagen des Weltsicherheitsrates halten werde.

US-Außenminister Colin Powell warb in Telefongesprächen mit vier europäischen Außenministern, darunter Bundesaußenminister Joschka Fischer für die amerikanische Position. Der Minister war wenig in Erscheinung getreten, als sich die Diskussion über die Irak-Politik zuspitzte. Powells Sprecher teilte mit, dass sich am 4. und 5. September in der Nähe Londons auf Betreiben der USA eine weitere Arbeitsgruppe irakischer Oppositionsgruppen treffen werde.