Hamburg - Hamburgs ehemaliger Amtsrichter Ronald Barnabas Schill ist sich treu geblieben. So, wie der 43-jährige Jurist im Alleingang seinen Wechsel aus der Richterrobe in den Politikerrock bereitete, war auch der Auftritt des Innensenators der Freien und Hansestadt am Donnerstag vor dem Bundestag in Berlin von Schill bewusst, vorsätzlich und gezielt geplant - an Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust und dem Senat der Stadt vorbei.
Das Motiv, das Schill dabei bewegte: Er wollte seinen ersten Auftritt als Bundesratsvertreter Hamburgs in Szene setzen, bundesweit auf sich und seine Partei aufmerksam machen und vor allem die Schillschen Leitlinien für die Wahl am 22.September transportieren. Dass er sein Amt wie auch das Plenum dabei für einen Wahlkampfauftritt missbrauchte, nahm er dabei billigend in Kauf.
Den Plan für seinen Auftritt in Berlin deutet Schill darum auch nur im engsten Vertrautenkreis an. Nachdem er juristisch hatte prüfen lassen, welches Rederecht Vertretern des Bundestages zusteht, ließ er Referenten der Innenbehörde der Senatskanzlei Mittwochabend dann mitteilen, dass er gedenke, am Donnerstag vor den Bundestagsmitgliedern zur Finanzierung der Flutschäden zu reden.
Wie Senatssprecher Christian Schnee gegenüber der Berliner Morgenpost bestätigte, habe der Bürgermeister Schill Mittwochabend noch angerufen und sich persönlich über die Redeabsicht informieren lassen. Über Inhalte sei jedoch nicht gesprochen worden. Nach Informationen der Berliner Morgenpost hat der Bürgermeister seinem Vertreter gleichwohl nahe gelegt, zumindest vor dem Bundestag seine scharfen Angriffe auf die FDP, neben der Partei Rechtsstaatlicher Offensive Koalitionspartner in Hamburg, nicht zu wiederholen.
Mitarbeiter der Hamburger Landesvertretung setzte Schill unterdessen erst am Donnerstag von seiner Redeabsicht in Kenntnis. «Auf der Fahrt zum Abgeordnetenhaus bat Herr Schill mich, seine Rede im Präsidium anzumelden», bestätigte Burkhard Muschner, Sprecher der Vertretung. Diesem sei er umgehend nachgekommen. Das Präsidium habe daraufhin gebeten, dass der Hamburger Redner seine Redezeit auf sechs Minuten beschränke. Dieses habe Schill abgelehnt.
Dass von Hamburger Seite, wie Bundestagsvizepräsidentin Anke Fuchs dies geltend machte, 15 Minuten angemeldet worden seien, weist Muschner entschieden zurück. «Weder Herr Schill noch ich haben Zeitangaben gemacht», betont er. Dies werde er beeiden.
Schill, in dessen Partei nach dem Auftritt in Berlin mehr als 100 neue Aufnahmeanträge sowie Hunderte begeisterte Glückwünsche eingingen, sieht sich derweil weiter im Recht. «Ich habe nur das getan, was jedem Vertreter des Bundesrats zusteht», erklärte er gegenüber der Berliner Morgenpost. Die Bundestagsvizepräsidentin habe dieses verfassungsmäßige Recht gebrochen. Darum halte er auch daran fest, Verfassungsbeschwerde einzulegen.