Berlin - Die Wahlabsichten der Bundesbürger für die Bundestagsparteien haben sich seit der vergangenen Woche kaum verändert. Zugleich verzeichnen verschiedene demoskopische Institute in der Frage der politischen Stimmung eine Annäherung der beiden politischen Lager. Sowohl SPD als auch Union können demnach Zugewinne besonders in der Stimmungslage verbuchen, die SPD darüber hinaus aber auch bei der konkreten Wahlabsicht der Befragten. Dennoch führen Union und FDP bei der so genannten Sonntagsfrage weiterhin.
Das ZDF-«Politbarometer» veröffentlichte gestern Zahlen, denen zufolge sich die SPD in der politischen Stimmung auf 42 Prozent verbesserte und die Union (39 Prozent) überholte. Hintergrund ist demnach das Krisenmanagement von Bundeskanzler Gerhard Schröder bei der Hochwasserkatastrophe. Die Grünen verlieren einen Punkt und kommen auf sieben Prozent. Deutliche Verluste von drei Prozentpunkten muss die FDP hinnehmen, die nur noch auf sieben Prozent kommt. Die PDS legte demnach um einen Punkt auf vier Prozent zu.
Hingegen änderte sich nach dieser Umfrage bei der Sonntagsfrage, die auch längerfristige Wählerbindungen und taktisches Wahlverhalten berücksichtigt, wenig. Die Union kommt unverändert auf 39 Prozent, die SPD auf 38 Prozent, während die Grünen bei sieben Prozent verharren. Die FDP verliert einen Prozentpunkt und landet bei acht Prozent. Die PDS bleibt unverändert bei vier Prozent, so dass ihr Wiedereinzug in den Bundestag weiterhin davon abhängt, ob sie mindestens drei Direktmandate gewinnt. Nur wenn die PDS scheitert, hätte Schwarz-Gelb eine knappe parlamentarische Mehrheit. Aber auch eine rot-gelbe Koalition könnte denkbar werden.
Das Institut Infratest Dimap ermittelte für die ARD-Sendung «Bericht aus Berlin» in der Sonntagsfrage einen Sprung der SPD von 36 auf 39 Prozent. Vor zwei Wochen noch hatte dasselbe Institut 34 Prozent für die SPD ermittelt und konstatiert nun also einen außergewöhnlichen Sprung um fünf Prozentpunkte. Die Meinungsforscher führen dies auf Zugewinne in Ostdeutschland zurück. So liegt die SPD nur noch zwei Prozentpunkte hinter der CDU/CSU mit 41 Prozent. «Damit wird der Aufschwung für die SPD zum festen Trend», kommentierte der WDR gestern die Zahlen.
Infratest Dimap veröffentlichte auch erste Zahlen über die noch unschlüssigen Wähler. Diese Gruppe umfasst demnach nur noch 15 Prozent. Das Institut bestätigte mit der gestrigen Umfrage den seit Monaten andauernden Trend, der die Unionsparteien und die FDP bei 48 bis 49 Prozent ansiedelt. Rot-Grün hingegen holt deutlich auf und liegt jetzt gemeinsam bei 46 Prozent.
Ähnliche Zahlen veröffentlichte auch das Institut Emnid für den Fernsehsender N-tv. Würde am kommenden Sonntag ein neuer Bundestag gewählt, würden Union und FDP zusammen auf 49 Prozent der Stimmen kommen, hieß es in der am Freitag veröffentlichten Emnid-Umfrage. SPD und Grüne würden es zusammen auf 43 Prozent bringen.
Auch ein anderes Ergebnis der gestern gleich reihenweise veröffentlichten Umfrageergebnisse sorgt für Furore. Infratest Dimap fragte auch noch einmal nach dem Abschneiden Schröders und Stoibers beim TV-Duell am vergangenen Sonntag. Hier liegt der Bundeskanzler nur überraschend knapp vorn: Gerade einmal 25 Prozent vertreten die Ansicht, er habe besser abgeschnitten, von CSU-Chef Stoiber sagten dies 21 Prozent. 40 Prozent antworteten auf die Frage jedoch mit «keiner von beiden».
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering wertete die neuen Umfragezahlen als Zeichen dafür, dass «die Entscheidung offen» sei: «Die SPD hat aufgeholt und ist weiter im Ballbesitz», sagte er in Berlin. Er strebt offensichtlich eine weitere Personalisierung des Wahlkampfes an und betonte, Stoiber liege abgeschlagen hinter Schröder.