Berlin - Ein Schlüsselfaktor in der Diskussion um einen möglichen Militärschlag gegen Irak ist Bagdads Potenzial an Massenvernichtungswaffen. Die Mikrobiologin Gabriele Kraatz-Wadsack, ehemalige Chefinspekteurin der UN-Biowaffenkommission im Irak und Beraterin zum Thema Bioterrorismus am Robert-Koch-Institut, hält die Bedrohung durch Bagdad für sehr realistisch.
Frau Kraatz-Wadsack, hat der Irak etwas zu verbergen?
Gabriele Kraatz-Wadsack: Meiner Einschätzung nach ja. Es gäbe sonst keinen Grund, die Waffeninspekteure nicht ins Land zu lassen.
US-Vizepräsident Cheney spricht von einer tödlichen Bedrohung, die von Bagdad ausgeht.
Irak hat sein Biowaffenprogramm den Vereinten Nationen erst 1995 offen gelegt statt 1991 - und auch dann nicht den Gesamtumfang dieses Programms. Internationale Expertengremien haben etliche Diskrepanzen gefunden. Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass man nicht feststellen konnte, ob das irakische Biowaffenprogramm jemals geendet hat.
Über welche Waffen verfügt Saddam?
Die irakische Regierung hat uns offen gelegt, dass sie Milzbrand und Nervengift in größten Mengen produziert hat, dass sie Aflatoxin produziert hat, ein Pilzgift, das Leberkrebs hervorruft. Dieses war bereits in Waffen gefüllt, in Raketensprengköpfe und Bomben. Sie hatte weiterhin Gasbrand und das Pflanzengift Rizin produziert. Außerdem gab es Forschungs- und Entwicklungsarbeit an verschiedenen Viren. Wenn Sie dieses Spektrum an tödlichen und krank machenden Erregern sehen, dann können Sie erkennen, was für ein Know-how dahinter steht. Irak hat innerhalb kürzester Zeit Riesenmengen produziert.
Und Sie vermuten, das ist alles immer noch vorhanden.
Die Wissenschaftler sind da, die Dokumente wurden uns nicht übergeben, Waffensysteme und Produktionsdaten sind nicht vollständig aufgeklärt.