Hier irrt der Kanzler: Union plant keine Besteuerung

Berlin - Der Einsatz ist hoch: Drei Flaschen edlen Rotweines hat CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer seinem SPD-Kollegen Franz Müntefering versprochen, wenn dieser ihm im Wahlprogramm der Union jene Stelle zeige, wo steht, dass die Union die Steuerfreiheit der Zuschläge für Nacht-, Feiertags- und Sonntagsarbeit streichen will.

Genau das hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seinem Herausforderer im TV-Duell vorgeworfen und war daraufhin von Edmund Stoiber (CSU) der Lüge bezichtigt worden.

Tatsächlich steht im Unionsprogramm nichts dergleichen. Auch sucht der Interessierte die von Müntefering angeführte Fußnote mit dem angeblichen Verweis auf die Petersberger Beschlüsse vergebens. Im zweiten Absatz von Seite 8 der Langfassung steht lediglich der Satz, dass «Ausnahmetatbestände dem Konzept einer einfachen und transparenten Besteuerung widersprechen» und daher «auf den Prüfstand» gestellt werden sollen.

Im Bundespresseamt wand man sich gestern geschickt aus der Affäre. Der Kanzler habe sich auf Äußerungen von Unionspolitikern wie Ex-Finanzminister Theo Waigel (CSU) und dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) berufen. Doch genau das hat Schröder eben nicht gemacht, sondern explizit das Wahlprogramm genannt. Die Petersberger Beschlüsse stehen im Zusammenhang mit der Steuerreform der Regierung Kohl, die1998 von der SPD blockiert wurde. Dort sollten zur Finanzierung niedrigerer Steuersätze Ausnahmetatbestände gestrichen werden. Als Ausnahmetatbestand wurde auch die Steuerfreiheit der Zuschläge genannt. cw