Im Heimatland des Kanzlers

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Hans-Jürgen Leersch

Foto: CS CL

Celle - Ein paar Jungsozialisten stehen am Rande des Schlossplatzes in Celle, demonstrieren gegen Edmund Stoiber. Tausende strömen vorbei, beachten die wenigen Anhänger von Kanzler Gerhard Schröder nicht, die hier Flugblätter verteilen. Die Menschen wollen zu Stoiber, der am Wochenende in Schröders niedersächsischer Heimat Wahlkampf machte.

Der Kanzlerkandidat steht zusammen mit Niedersachsens CDU-Chef Christian Wulff auf einer Bühne vor dem Celler Schloss und stimmt wieder das Lied vom letzten Platz Deutschlands an: «Dieses Land kann doch nicht akzeptieren, dass es im wirtschaftlichen Wachstum Allerletzter ist.» Und er ist sofort bei seinem Rivalen Schröder: «Es kommt doch nicht darauf an, wie sich jemand verkauft und im Fernsehen darstellt, sondern es kommt doch auf das Zeugnis, das Ergebnis an.» 6000 sind nach CDU-Angaben gekommen, hören erst brav und später begeistert zu. Die pfeifenden Jusos sind kaum zu hören. Mit Genugtuung wird bei der CDU festgestellt, dass Schröder in Celle weniger Zuhörer hatte.

Stoiber greift zu einem Bild aus dem Fußball: Dem Trainer des Tabellenletzten werde kein Verein auf Dauer das Vertrauen geben: «In dieser Situation sind wir.» Schröders Wort vom «deutschen Weg» gefällt Stoiber überhaupt nicht. Innenpolitisch sei das wohl der Weg zu höchster Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung. Außenpolitisch sei der «Weg» gefährlich.

Einmal in Siegerlaune, gibt Stoiber eine Personalie bekannt: Er möchte, dass der CDU-Außenexperte Friedbert Pflüger die Möglichkeit bekomme, «Regierungsverantwortung zu tragen». In Berlin wird es schon lange für denkbar gehalten, dass Pflüger nach einem Unions-Wahlsieg Staatsminister im Auswärtigen Amt werden könnte.

Stoiber kommt jetzt in Fahrt, wirft Schröder ein «hohes Maß an Sprunghaftigkeit» vor. Er kritisiert das Schröder/Blair-Papier. «Das war ein derart neoliberales Papier, das hätte ich so nie unterschrieben.» Auch für eine der jüngsten Schröder-Aktionen, die Einsetzung der Hartz-Kommission, hat Stoiber nur Spott übrig. Das «ganze Hartz-Gequatsche» nutze doch nichts, wenn es keine Stellen gebe, in die Arbeitslose vermittelt werden könnten. «Eine Regierung ist doch nicht dazu da, Kommissionen einzusetzen. Eine Regierung ist dazu da, zu handeln.»