Berlin - Die FDP hat Überlegungen von Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) kritisiert, nach einem möglichen Sieg bei der Bundestagswahl ein eigenes Europaministerium zu bilden oder die Europapolitik im Kanzleramt anzusiedeln. Mit der FDP, egal in welcher Koalition, werde es beides nicht geben, sagte Fraktionsvize Klaus Kinkel am Wochenende. «Dies muss auch Stoiber wissen, der mit voreiligen Ressortzuschnitts-Überlegungen sehr großzügig umgeht.» Auch Stoiber werde einen Koalitionspartner brauchen.
Kinkel sagte weiter: «Die FDP wird nicht dazu beitragen, dass Bundeskanzleramt zu einer allmächtigen, weit über die im Grundgesetz festgelegte Richtlinienkompetenz des Kanzlers hinaus zielende Instanz, also zu einer Art Weißes Haus aufzuwerten.» Der ehemalige Außenminister vertrat fernerhin die Auffassung, ein Auswärtiges Amt ohne Europaabteilung «wäre kastriert und könnte einpacken». Außerdem würde mit der Gründung eines neuen Europaministeriums eine zusätzliche sehr teure und überflüssige Behörde geschaffen.
Entgegen bisherigen Ankündigungen will die FDP im Fall einer Regierungsbeteiligung das neue Zuwanderungsgesetz offensichtlich doch umfassender ändern. Der Parteivorsitzende Guido Westerwelle sagte in einem Interview der «Welt am Sonntag»: «Wir brauchen eine gesteuerte Zuwanderung, die sich an den wohlverstandenen Interessen unseres Landes ausrichtet.» Zugleich müsse viel mehr Wert auf Integration gelegt werden. Westerwelle betonte: «Ich möchte, dass jeder, der auf Dauer zu uns kommen will, die deutsche Sprache lernen und einen Abschluss-Test bestehen muss.» Wer das nicht wolle, müsse wieder gehen. «Kinder ohne Deutschkenntnisse in deutsche Schulen zu schicken, ist ein Verbrechen an der Zukunft junger Menschen», sagte Westerwelle.
Forderungen der Union, das Zuwanderungsgesetz von SPD und Grünen nach der Bundestagswahl völlig aufzuheben, waren von Westerwelle in der Vergangenheit wiederholt abgelehnt worden. Dies werde in einer Koalition der Union mit der FDP nicht möglich sein, hatte der FDP-Chef erklärt. Das rot-grüne Zuwanderungsgesetz entspreche in weiten Teilen den Vorstellungen der FDP. dpa