London - Ein Unwohlsein, das an Nervosität grenzt: So lässt sich derzeit in Whitehall das Befinden bezüglich eines möglichen Militärschlags gegen Iraks Diktator Saddam Hussein beschreiben. Die Blair-Regierung weiß nur zu genau, dass London für Washington das Zünglein an der Waage bildet. Denn: Ohne britische Beteiligung an einem Vorstoß kann und wird US-Präsident George W. Bush kein grünes Licht geben für die Operation.
Washington benötigt London nicht nur für die militärische Seite, sondern auch als diplomatischen Flankenschutz gegenüber möglicher weltweiter Kritik, vor allem aus Europa. Auch im UN-Sicherheitsrat könnten die Briten für Washington als Wasserträger fungieren, wenn es darum gehen sollte, für einen Schlag gegen Bagdad doch noch eine diesen legitimierende Resolution zustande zu bringen.
Entsprechend besteht die Blair-Regierung darauf, nicht nur lückenlos von den USA ins Bild gesetzt, sondern auch konsultiert zu werden. Das betrifft besonders die britische Hauptsorge: dass Präsident Bush die irakische Frage unabhängig vom Nahost-Konflikt angeht. König Abdullah von Jordanien beging kürzlich die Indiskretion, aus seinem jüngsten Gedankenaustausch mit Tony Blair auszuplaudern, der Premier betrachte diese amerikanische Sichtweise «mit ungeheuer Sorge». Die Downing Street beeilte sich noch am Wochenende, diese Version des Gesprächs mit Abdullah zu dementieren - freilich mit geringer Glaubwürdigkeit.
Blair ist bekannt dafür, jedem seiner Gesprächspartner gerne das Gefühl zu geben, mit ihm übereinzustimmen. Im Falle Irak wird dies aber nicht lange durchzuhalten sein. Beobachter sagen voraus, die «Sonderbeziehungen» zwischen London und Washington würden dann in eine Zerreißprobe geraten, wenn Blair feststellen sollte, dass seine Ansichten - vor allem zu Nahost - von der Bush-Administration zwar angehört, aber nicht berücksichtigt werden. Doch bis es so weit kommt, hofft London darauf, dass die Maxime «Kein Schlag gegen Saddam ohne die Briten» ihre Wirkung in Washington nicht verfehlt.