Es ist schon bemerkenswert, wie oft und gern betont wird, dass der designierte Berliner Bürgermeister und Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) von Haushaltsfragen auch tatsächlich etwas versteht. Und man fragt sich, wie weit es eigentlich in dieser Stadt gekommen ist, wenn Sachkompetenz als herausragendes Merkmal gilt. In dieser Hinsicht tritt der rot-rote Senat mit Wolfs Berufung in eine neue Phase. Wolfs Vorgänger Gysi kokettierte jedenfalls noch ungestraft mit seiner fachlichen Inkompetenz, glänzte dafür allerdings mit Kommunikationsfähigkeit. So etwas wiederum sagt Wolf niemand nach.
Ein sprödes Gewächs aus Berlins links-bunter Szene ist dieser Harald Wolf. Einer, der sich hinter seiner Sachkompetenz regelrecht verschanzt und gar nicht erst versucht, sich selbst und seine systemoppositionelle Vita zu vermitteln. Der ehemalige Trotzkist und West-Berliner Grünen-Parteifunktionär wäre in der Tat als Berliner Senator und Bürgermeister nicht vermittelbar, hätten die «Bürgerlichen» in dieser Stadt nicht so furchtbar abgewirtschaftet. Wer sich heute mit Recht darüber beschwert, dass die Berliner Kommunalpolitik in die Hände von Honeckers Erben und deren Freunde gefallen ist, muss eben immer wieder daran erinnert werden, wer den Raubbau am öffentlichen Eigentum der Berliner Westhälfte zu verantworten hat.
Mit Gysis Rückzug und Wolfs Berufung verliert das rot-rote Hauptstadtprojekt den letzten Glanz auf dem knallroten Lack, längst sind schon erste Roststellen sichtbar. Ein Landeshaushalt, den der eigene Finanzsenator als nicht verfassungsgemäß bezeichnet, ein Kultursenator, der praktisch von niemandem ernst genommen wird - und das alles bei einer fortschreitenden sozialen Versteppung der Bezirke. Harald Wolf mag viel für die innere Einheit der PDS getan haben, für die innere Einheit dieser Stadt wird er nicht viel tun können.
Was wird der Wirtschaftssenator Harald Wolf tun? Da ist das Projekt der «One-Stop-Agency», also das Vorhaben, neuen und alten Investoren nur eine einzige Anlaufstelle für Ansiedlungsförderung und sonstigen Papierkram zuzumuten. Mit dieser wahrlich nicht neuen Idee ist jedenfalls Gysi hausieren gegangen. Ansonsten wird er mehr oder weniger geschickt weitere Schließungen von Standorten verkünden dürfen.
Die Opposition sollte sich nicht lange mit Wolfs merkwürdiger Vita aufhalten, sondern ihn sachpolitisch aufmerksam begleiten um selbst daran zu wachsen. Nur wenn im Kampf um die besseren Ideen die Opposition wieder Glaubwürdigkeit gewinnt, wird ein Ende dieser absurden Phase der Berliner Stadtgeschichte absehbar. Einstweilen aber bleibt die Stadt in den Händen derer, von denen man bestenfalls nicht genau weiß, wo sie eigentlich herkommen und wo sie hin wollen.