«Riesen-Defizite in Sozialkasse»

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Hans-Jürgen Leersch

Berlin - Der nach einem Wahlsieg der Union als Sozialminister vorgesehene CSU-Vize Horst Seehofer geht davon aus, dass in den Sozialkassen in diesem Jahr ein Defizit von insgesamt acht Milliarden Euro auflaufen wird. Seehofer kündigte in einem Gespräch mit der Berliner Morgenpost an, er werde unmittelbar nach einem Wahlsieg einen «Finanzstatus» durchführen, um die genaue Höhe der Verbindlichkeiten zu erfahren. Der rot-grünen Koalition warf der CSU-Politiker vor, die wahren Verhältnisse zu verschleiern.

Laut Seehofer wird allein bei der gesetzlichen Krankenversicherung ein Defizit von mindestens vier statt der erwarteten zwei Milliarden Euro auflaufen. In der Rentenversicherung sei ein Beitragsanstieg von 0,2 Prozentpunkten angekündigt worden, was einem Defizit von 1,5 Milliarden Euro gleichkomme. Auch in der Arbeitslosenversicherung gebe es Löcher, und die Pflegeversicherung lebe von ihrer Substanz. Seehofer sagte, diese Defizite könnten durch Eingreifen des Staates ausgeglichen werden, «wenn wir noch die 23 Milliarden aus der Körperschaftsteuer hätten». Doch das Körperschaftsteueraufkommen sei nicht zuletzt wegen der rot-grünen Steuerreform drastisch zurückgegangen. Seehofer: «Ohne einen kräftigen Schub bei Wachstum und Beschäftigung ist da wenig zu machen.» Die wichtigsten Entscheidungen nach einer gewonnenen Wahl müssten vom Wirtschaftsministerium getroffen werden und nicht von ihm. «Das A und O ist: Gelingt es uns, die Wirtschaft wieder flottzumachen?» Nur ein Abbau der Arbeitslosigkeit könne den Ausgabendruck bei den Sozialkassen verringern. So führe eine Verringerung der Arbeitslosenzahl von vier auf 3,5 Millionen zu Einsparungen von 11,5 Milliarden Euro.

Strukturreformen bei den Sozialkassen und im Steuerrecht seien zwar notwendig und würden nach einem Regierungswechsel auch durchgeführt, kündigte Seehofer an. Doch seien Maßnahmen wie die Einführung des Familiengeldes oder die Steuerreform nicht vor dem Jahre 2004 zu verwirklichen. Die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums mit dem Ziel, mehr Beschäftigung zu erreichen, müsse nach der Wahl beginnen. «Das wird der springende Punkt im November und Dezember.»

Seehofer verglich die Lage der Sozialkassen mit der von Städten und Gemeinden: «Die Sozialsysteme sind in keiner anderen Lage als die Kommunen, die den Notstand ausgerufen haben.»