Der EU-Agrarkommissar Franz Fischler hat fast alles richtig gemacht. Dass es ihm etwas nutzen wird, heißt das noch lange nicht. So funktioniert Politik, und europäische allzumal.
Franz Fischler hat fast alles richtig gemacht, weil er drei Wahrheiten auf Seiten seiner lange bedachten Reform hat: Wahr ist nämlich, dass sich Europa nicht länger leisten kann, mit der Hälfte des EU-Haushaltes ausschließlich einen Produktionszweig zu alimentieren, der für ein paar wenige Prozentpunkte des Bruttosozialproduktes steht. Wahr ist auch, dass die Beihilfe für den Bauern nicht mehr steigen darf, nur weil sein Ausstoß steigt. Das reizt automatisch zu Überschüssen, die keiner will, und zu Produktionsmethoden, die immer öfter ein Skandal sind.
Und schließlich ist wahr, dass die Industriemacht EU jetzt wählen muss: Weiter so, wie bisher - dann gibt es Schiffbruch in der nächsten Freihandelsrunde der WTO. Oder umsteuern - dann verlässt Europa endlich den Irrweg des ewigen «Masse statt Klasse». Dann wird statt einer aberwitzigen Tonnage von Weizen und Mais der ländliche Raum gefördert: Dörfer, Wiesen, Weiden - und die Bauern, die sie mit ihrer Knochenarbeit für uns alle erhalten.
Was können Fischlers Gegner, angeführt von einer in der Tat halsstarrigen Agrar-Lobby, dagegen anführen? Allerlei berechtigte Kritik an einzelnen Punkten, gewiss. Zum Beispiel hat Fischler bislang zu sehr den Eindruck entstehen lassen, dass eine Abneigung gegen «Großbetriebe» zu seinen wichtigeren Motiven zählt. «Groß» ist aber nicht zwangsläufig gleich «schmutzig». Die Großbetriebe etwa in OstDeutschland gehören bei ordentlicher Führung zu den am ehesten weltmarktfähigen Produzenten im Markt. Sie haben also nicht automatisch eine einseitig zugemessene Radikal-Kürzung ihrer Beihilfen verdient, vor allem dann nicht, wenn sie in extrem strukturschwachen Gebieten die letzten Arbeitgeber sind. Noch dazu will Fischler bei den ost-deutschen Betrieben mehr als drei Viertel dessen einsammeln, was seine Reform an Kostenminderung überhaupt zu Wege bringen soll.
Das ist grob unwuchtig; die Bundesregierung klagt mit gutem Grund, auch eine konservative könnte nicht anders. Hier muss Kommissar Fischler, der gewiefte Taktiker, schleunigst nachsteuern - denn mit der Erweiterung der EU läuft die Frist für eine Reform ab, weil mit den neuen Mitgliedern am Tisch der nötige Konsens in unerreichbare Ferne rückt.
Doch abseits aller Detailkritik: Politisch werden Fischlers Vorschläge im Mahlwerk der EU-Gremien nur überleben, wenn den Reformern eines klarzumachen gelingt: Es geht nicht gegen die Bauern, die in Europa unsere Kultur weiter mit prägen sollen. Es geht gegen eine bestimmte Form von Landwirtschaft und ihre unzumutbaren Auswüchse. Und das zu Recht.