Familienpolitik und Patriarchat

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Guido Heinen

Berlin - «Ich will nicht über Frau Reiche diskutieren und ob sie gut aussieht oder nicht», wünscht sich Verbraucherschutzministerin Renate Künast gleich zu Beginn. Aber vergeblich. «Was ist uns heute noch Familie wert?», fragt Sabine Christiansen. Antwort: knapp die Hälfte der Sendezeit des Talks am Sonntagabend. Denn die andere Hälfte dreht sich allein um die Frage, für was und wen Katherina Reiche steht, das für Familienpolitik zuständige neue Mitglied des Kompetenzteams von Union-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber. Wobei die unverheiratete bald zweifache Mutter Reiche auf die Eingangsfrage Christiansens, ob sie eine Expertin für Familienpolitik sei, einfach nicht antwortet.

Unruhig wie Renate Künast von den Grünen reagiert auch ihr Ministerkollege Otto Schily (SPD). Der Chef des Innenressorts macht sich «Sorgen» um die Zukunft seiner Kontrahentin in der CDU: «Ich bin gespannt, wie sie das Amt ausfüllen werden.»

So richtig um Familie und wie man sie stärken kann geht es in der Runde nur selten. Mit Schily und dem Journalisten Jürgen Liminski sind nur zwei Väter da, Frau Reiche ist die einzige Mutter. Dafür darf «Tatort»-Kommissarin Ulrike Folkerts, eine «bekennende Homosexuelle», sagen, dass «Familie und Ehe neu definiert» werden müssen, «Ehe ist ein ganz bekloppter Begriff». Renate Künast, unverheiratet und nebenbei in einem Verein für die Finanzierung von Abtreibungen engagiert, darf sich am eigenen Familienbild abarbeiten. Spannend sind besonders die Stellen, an denen Katherina Reiche nichts sagt. Meistens liegt das daran, dass gerade ein anderer zu einem anderen Thema spricht. So entgeht ihr das bemerkenswerte Eingeständnis Künasts, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft eben nicht nur für Homosexuelle gedacht ist. Dass dies ausdrücklich als zweite, rechtlich gesicherte Form nichtehelichen Zusammenlebens für alle gedacht ist, wäre schon ein Einhaken wert gewesen.

Und Schily darf vorführen, wie früher einmal das Patriarchat ausgesehen haben muss: Knurrend begleitet er die Mitdiskutanten, schnappend unterbricht er jeden, der eine andere Meinung hat.