Die Verhandlungen zwischen den Vereinten Nationen und dem Irak über die Rückkehr der UN-Waffeninspekteure in das arabische Land und ein Ende der Handelssanktionen gegen Bagdad sind auch im dritten Anlauf gescheitert. Die irakische Regierung gab gestern den USA die Schuld dafür. Ein US-Angriff auf Irak würde die Macht von Präsident Saddam Hussein nach Ansicht dessen Vize-Premiers, Tarik Asis, nur stärken und nicht schwächen.
Berlin - Saddam Husseins Emissär, der irakische Kulturminister Hamid Jusuf Hammadi, wähnte sich in Teheran an der richtigen Adresse, um seine Hasstiraden zu voller Entfaltung zu bringen. Der eifrige Diener seines Herrn bezeichnete den «internationalen Zionismus» und den «Weltimperialismus» als die beiden Hauptfeinde der islamischen Welt. Länder wie Iran, Malaysia, Syrien und auch sein eigenes Land Irak sollten eine arabisch-islamische Allianz wiederbeleben, die sich gemeinsamen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Problemen widmet.
Hammadis inbrünstiges Plädoyer hatte wenig mit Kultur aber viel mit der neuen politischen Leitlinie zu tun, mit der der Irak sich Schritt für Schritt aus der internationalen Isolation lösen und den Wiedereintritt in die Staatengemeinschaft erschleichen will. Die Annäherung an den ehemaligen Kriegsgegner Iran (1980 - 1988) ist dabei nur ein Mosaikstein. Ein weiterer ist die diplomatische Offerte an die Adresse der Vereinten Nationen. Wenn auch die inzwischen dritte Gesprächsrunde mit der Uno über die Wiedereinreise von UN-Waffeninspektoren keinen Erfolg gebracht hat, so will das Regime dennoch eines signalisieren: Mit uns kann man verhandeln. Ob diese Gespräche wirklich ernst gemeint und nicht nur Hinhaltetaktik sind, bleibt dahingestellt.
Bagdads Integrationsbestrebungen jedenfalls sind angesichts der massiven Drohung des amerikanischen Präsidenten George W. Bush, dem Regime Saddam Husseins den Garaus zu machen, vielfältiger Art; und sie steigen in dem Maße, wie die US-Angriffspläne konkreter werden. Sogar mit den ehemaligen Golfkriegsgegnern sucht Bagdad den Kontakt. Höchst offiziell, in Kenntnis der Uno, wurde kürzlich ein Grenzübergang zwischen dem Irak und Saudi-Arabien wieder eröffnet, um den Warenaustausch im Rahmen des UN-Programms Öl für Lebensmittel zu ermöglichen. Es ist der fünfte reguläre Übergang nach je einem an der jordanischen, türkischen und syrischen Grenze sowie einem in Um Qasr am Persischen Golf.
Der saudische Übergang war geschlossen worden, als Bagdad sich anschickte, im August 1990 das kleine Ölemirat Kuwait zu überfallen und dem irakischen Kernland als weitere Provinz einzuverleiben. Riad zeigt durchaus Interesse, seine Beziehungen mit dem Paria-Staat zwischen Euphrat und Tigris zu intensivieren. Der Handel zwischen den beiden Ländern wird saudischen Angaben zufolge erstmals seit dem Golfkrieg in diesem Jahr wieder die Eine-Milliarde-Dollar-Grenze überschreiten. Und nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang ist auch die herzliche Zusammenkunft zwischen dem saudischen Kronprinz Abdullah und dem irakischen Gesandten Ezzat Ibrahim auf dem Beiruter Araber-Gipfel im März - das höchstrangige bilaterale Treffen seit dem Golfkrieg.
«Der Irak flirtet zurzeit mit einer Reihe arabischer Staaten», meint Mustafa Alani vom Londoner Royal United Services Institute for Defence Studies. Seine Hilfsmittel seien diplomatischer und vor allem ökonomischer Natur. In der Tat ist etwa Jordanien massiv auf die Öllieferungen aus dem Irak angewiesen und auch mit Syrien floriert der Handel. Selbst in Kairo stößt der irakische Schmusekurs auf Gegenliebe, insbesondere bei der dort ansässigen Arabischen Liga und deren Generalsekretär Amr Mussa, der sich der potenziellen irakischen Wirtschaftsmacht kaum entziehen mag, die natürlich auch die Liga-Macht stärkt. Das UN-Embargo verkommt sowieso zur Farce und wird nach Belieben gebrochen.
Der Irak versucht mit dieser Charme-Offensive, die arabischen Bruderstaaten an sich zu binden, um sich damit vor einem US-Militärschlag zu schützen. Aber ob das die Planungen im Weißen Haus beeinflussen wird, muss bezweifelt werden. Reagiert auf die neue Konstellation im Nahen und Mittleren Osten hat Washington allerdings schon: Das militärische Hauptquartier wurde von Saudi-Arabien nach Katar verlegt - um Riad nicht in Bedrängnis zu bringen und vor allem, um freie Hand zu haben im Kampf gegen die so genannte Macht des Bösen.