Schröder und Stoiber werfen einander Unredlichkeit vor

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Berlin - Bei ihrem ersten Interviewduell haben Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und sein Herausforderer Edmund Stoiber (CSU) harte Vorwürfe gegeneinander erhoben. Der CSU-Chef warf Schröder im gemeinsamen Gespräch mit der «Bild am Sonntag» vor, «ein bisschen ein Schauspieler» zu sein, der zahlreiche Wahlversprechen gebrochen habe.

Als wichtigstes Beispiel nannte Stoiber den stockenden Abbau der Arbeitslosigkeit. Bei dem Interview im Axel-Springer-Haus in Berlin gut zweieinhalb Monate vor der Bundestagswahl hielt Schröder seinem Rivalen vor, die Ankündigungen der Union in der Steuer- und Finanzpolitik seien nur «Luftblasen».

Der SPD-Chef kritisierte das Unionsprogramm «3 mal 40» als «großspurig». «Wenn man das finanzieren wollte, würde das bedeuten, dass Bund, Ländern und Gemeinden zusammen 170 Milliarden Euro fehlen würden», sagte er bei dem Gespräch am vergangenen Donnerstag. Sein Herausforderer wies dies zurück. Er bezeichnete die beide Ziele, die Lohnzusatzkosten und den Spitzensteuersatz auf 40 Prozent zu drücken, «als mittelfristig zu vollziehende Maßnahmen». Auch die Senkung der Staatsquote - der Anteil der Ausgaben der öffentlichen Hand an der gesamtwirtschaftlichen Leistung - auf 40 Prozent sei langfristig unbedingt notwendig.

Der bayerische Ministerpräsident bemängelte, dass auch Schröder die Lohnzusatzkosten und die Staatsquote auf 40 Prozent hatte senken wollen, dies aber aufgegeben habe. «Genau das werfe ich Ihnen vor! All das, was Sie gestern oder vorgestern als richtig vertreten haben, haben Sie über Bord geschmissen.» Schröder kritisierte, das Finanzkonzept der Union passe nicht zusammen mit deren Forderungen nach mehr Geld für die Bundeswehr, für die innere Sicherheit, für Bildung und den Solidarpakt II.

Stoiber erinnerte den SPD-Chef an sein zentrales Versprechen, die Arbeitslosigkeit im Jahresschnitt auf unter 3,5 Millionen Menschen zu drücken. «Beim Abbau der Arbeitslosigkeit sind wir international in Europa Schlusslicht.» Schröder wies dies zurück und entgegnete, das Ziel sei wegen des Einbruchs der Weltwirtschaft verfehlt worden. Der Abbau der Arbeitslosigkeit brauche deshalb mehr Zeit.

Der Kanzler wehrte sich gegen den Vorwurf, die Arbeitsmarktvorschläge der Hartz-Kommission kämen zu spät. Zunächst habe seine Regierung den Reformstau unter seinem Vorgänger Helmut Kohl (CDU) auflösen müssen.

Als Beispiele nannte Schröder die Steuer- und Rentenreform sowie das Zuwanderungsrecht. «Wir gehen jetzt daran, die Arbeitsmarktreformen voranzubringen, weil Fehlentwicklungen in der Bundesanstalt für Arbeit deutlich geworden sind.»

Das Hartz-Konzept bezeichnete Schröder als «eine ungemein wichtige Arbeit, die eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt schaffen wird und die Deutschland entscheidend voranbringen wird.»

Stoiber bewertete die Vorschläge der Kommission unterschiedlich. «Ein Teil sind ja Vorschläge, die wir seit langer Zeit gemacht haben und die immer an der SPD gescheitert sind.» Als «völlig falsch» bezeichnete es Stoiber, die über 55-Jährigen aus der Arbeitslosenstatistik herauszunehmen. Dies sei ein «Statistiktrick», mit dem die Erwerbslosenzahl nach unten gedrückt werden solle.