Westerwelle stellt Bedingungen für Koalition

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Bonn - Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hat drei Bedingungen für die Unterschrift unter einen Koalitionsvertrag nach der Bundestagswahl genannt: Es müssten die Voraussetzungen für niedrige, einfache und gerechte Steuern geschaffen sein. Die Investitionen für die Bildung müssten auf internationales Spitzenniveau angehoben werden. Mehr Freiheit und weniger Bürokratie am Arbeitsmarkt müssten den vier Millionen Arbeitssuchenden neue Chancen geben, verlangte Westerwelle zum Wahlkampfauftakt seiner Partei am Sonntag in Bonn.

Die Politik in Deutschland werde der Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung seit Jahren nicht gerecht, kritisierte Westerwelle. Was bei Helmut Kohl «aussitzen» gewesen sei, sei bei Gerhard Schröder das Prinzip der «ruhigen Hand». «Wir dürfen Geld nicht länger in die Verhinderung von Veränderung stecken. Wir müssen mit diesem Geld Veränderung gestalten», verlangte der FDP-Kanzlerkandidat vor etwa 500 Kreisvorsitzenden und Bundestagskandidaten in Bonn. Das Steuerkonzept der FDP bringe eine Entlastung der Bürger von 26,5 Milliarden Euro. Es sei durch Subventionsabbau, Privatisierung und effektivere staatliche Verwaltung finanzierbar. Auch ohne konjunkturelle Erholungseffekte bliebe ein Überschuss von acht Milliarden Euro. «Dieser Staat hat Geld, er gibt es nur an der falschen Stelle aus.» In der Bildungspolitik verlangte Westerwelle einen «persönlichen Förderplan für alle Kinder von Anfang an». Es gebe nicht gute oder schlechte Begabungen, sondern nur unterschiedliche Begabungen, die richtig gefördert werden müssten.

Westerwelle bekräftigte die Forderung, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit die Vorschläge der Hartz-Kommission rasch umzusetzen. Die FDP biete Schröder dafür ihre Unterstützung an. Die FDP sei bereit, «zu jeder Tages- und Nachtzeit, an jedem Sonn- oder Feiertag» eine bessere Arbeitsmarktpolitik im Bundestag zu beschließen. Den Unionsparteien hielt er vor, die Vielstimmigkeit ihrer Reaktion auf die Hartz-Vorschläge sei Besorgnis erregend.

Im Streit um die Einwanderungspolitik stellte sich die FDP eindeutig gegen die Union. Der mehrfachen Ankündigung von Seiten der CDU und CSU, das rot-grüne Zuwanderungsgesetz im Falle eines Wahlsieges wieder zu kassieren, erteilte die FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper eine klare Absage. «Eine Zurücknahme des Gesetzes lehnen wir ab», sagte bei der Bundeswahlkonferenz ihrer Partei in Bonn. Ähnlich äußerte sich FDP-Vize Walter Döring. Im Fall einer Koalition mit der Union werde sich die FDP deren Plan widersetzen, das Gesetz vom Tisch zu bekommen, sagte er beim kleinen Landesparteitag in Karlsruhe.

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) will bei einem Wahlsieg das Gesetz «binnen der ersten 100 Tage» stoppen. Pieper bekräftigte indes, dass die FDP in der Zuwanderungsdebatte nicht einknicken werde. «Die Union sollte sich hier keine Hoffnungen machen.» Die Wirtschaft brauche eine gesetzliche Steuerung der Zuwanderung. Die FDP unterstütze die Kritik von Bundespräsident Johannes Rau am Verhalten von Union und SPD bei der umstrittenen Abstimmung im Bundesrat.

Auch alle anderen Spitzenpolitiker der FDP, die ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf zieht, haben mehrfach dem Ansinnen der Union widersprochen. Nach Worten des Vorsitzenden der FDP- Bundestagsfraktion, Wolfgang Gerhardt, stimmen die Liberalen zu 90 Prozent mit dem inzwischen vom Bundespräsidenten unterzeichneten Gesetz überein. Westerwelle: «Wir sind zu Verbesserungen bei der Zuwanderungspolitik bereit. Aber wir sind gewiss nicht zur völligen Rücknahme des beschlossenen Gesetzes bereit.» Dörings Vorstoß zur Abschaffung von fünf Bundesministerien stieß bei der Parteiführung auf wenig Gegenliebe. dpa/rtr