Tel Aviv - Als weitere Maßnahme zur Reform der Autonomiebehörde hat Palästinenserchef Jassir Arafat drei hochrangige Sicherheitsbeamte entlassen. Der einflussreiche Chef des Sicherheitsdienstes im Westjordanland, Dschibril Radschub, müsse seinen Posten räumen, teilte der palästinensische Minister für öffentliche Arbeiten, Assam Al Achmed, mit. Zuvor hatte Arafat bereits seinen Polizeichef Gasi Dschabali und Zivilschutzchef Machmud Abu Marsuk entlassen. Noch aber hat Arafat nicht unterzeichnet, womit die Personalmaßnahmen nicht rechtsgültig sind.
Beobachter sind sich nicht einig, ob diese Maßnahmen wirklich den Beginn einer grundlegenden Reform markieren oder aber Ergebnisse des internen Machtkampfes sind. Vor allem die Auswechslung Radschubs durch Suher Manassra, dem Geheimdienstchef von Dschenin, weckte Unzufriedenheit in den Reihen der 4000 Geheimdienstmitarbeiter. Manassra gilt als alter Mitstreiter Arafats aus den Tagen des tunesischen Exils. Radschub war nur kurz im tunesischen Exil und gilt als typischer Vertreter der «Lokalführung». Seine Leute sind ihm treu ergeben, und noch in der Nacht nach der Ankündigung besprachen seine Offiziere mögliche Reaktionen. Auch von einem Massenabschied seiner Offiziere wurde gesprochen. Dschabali soll Botschafter in Libyen werden, für Radschub wartet ein Job als «Berater in Sicherheitsangelegenheiten» des neuen Innenministers Abd Al Rasek Jechije, der ganz besonders an einer Räumung der drei Führungssitze interessiert sein soll. Sie beengen ihn in seinem neuen Amt als Chef des palästinensischen Sicherheitsapparats mit seinen vielen konkurrierenden Diensten.
Offiziell wird die Kündigung als «Teil der inneren Reformen» vorgestellt, wie sie auch US-Präsident George W. Bush letzte Woche in seiner Rede forderte. «Das war der Ruf der Straße», meinte ein Arafat-Berater. Abu Marsuks Name wurde oft in Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen genannt. Radschub gilt als Sicherheitschef, der Willkür nicht scheut und auch nicht den allzu nahen Kontakt mit israelischen Amtskollegen. Dschabali war dagegen mehrfach dem Vorwurf ausgesetzt, er sei an Vorbereitungen zu Terroranschlägen in Israel direkt beteiligt gewesen.
In Israel wird die Ankündigung als übliches «Arafat-Manöver» abgetan: «Es soll den Eindruck erwecken, es würden innere Reformen eingeleitet. Aber solange Arafat weiter bestimmt, wer die Sicherheitszügel hält, verändert sich gar nichts», äußerten sich ein Beobachter. Täglich kommt es weiter zu Fahndungsaktionen der israelischen Armee im Autonomiegebiet.
Zeitgleich mit Arafats Umstrukturierungen gab Israels Ministerpräsident Ariel Scharon die Anweisung, «Erleichterungen für die palästinensische Zivilbevölkerung» in den wieder besetzten Teilen des Autonomiegebiets einzuführen. In vielen Städten wurde die Ausgangssperre aufgehoben. Für 5000 Palästinenser soll es neue Arbeitserlaubnisse in Israel geben.
Die Forderung von Außenminister Schimon Peres, 30 000 Palästinensern Arbeit zu bewilligen, verhallte ungehört. Vor Beginn der zweiten Intifada im September 2000 waren noch rund 120 000 Palästinenser offiziell in Israel einer Arbeit nachgegangen, weitere etwa 100 000 arbeiteten Schätzungen zufolge illegal in Israel.
Israel spricht bei den Erleichterungen von «vertrauensbildenden Gesten». Andere sehen darin auch einen Schritt in Richtung Wiedereinführung der Militärverwaltung in den besetzten Gebieten. Die Zeitung «Ha'aretz» sah es noch anders: «Wer glaubt, dass militärische Verwaltung eine Lösung für das Problem der zusammenbrechenden Autonomiebehörde sein kann, der irrt sich. Israels Militärverwaltung wurde nach den Oslo-Abkommen niemals aufgelöst. Und das ist ein Teil des Problems.»
Der deutsche Botschafter in Israel, Rudolf Dreßler, hat sich indessen für eine Ablösung von Arafat ausgesprochen. Auf die Frage, ob ein Frieden in Nahost mit Arafat möglich sei, sagte der Diplomat der «Westdeutschen Zeitung»: «Wenn der gewählte Führer nicht kann oder nicht will, ist das Ergebnis gleich: Er muss ausgewechselt werden. Eine andere Lösung gibt es nicht.» Zwar glaubt Dreßler, dass Arafat könne. «Er will es aber nicht.»