Calgary - Zwei Tage lang haben die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industriestaaten und Russlands in den kanadischen Rocky Mountains beraten und dabei eine Reihe von Beschlüssen gefasst. Gewinner der Beratungen, die sich vorrangig der Lage in Afrika widmen sollten, ist Russland.
Nach den Beschlüssen der G-8-Staaten wird Russland ab 2006 Vollmitglied. Bisher war das Land auf den Weltwirtschaftsgipfeln immer nur als Gast geladen, in vier Jahren soll es alle Rechte und Pflichten bekommen. Damit Russland dann auch den Weltwirtschaftsgipfel ausrichten kann, verzichtete Deutschland auf sein Gastgeberrecht.
Für die Sicherung der Russischen Atomwaffen-Reste erhält Russland in den kommenden zehn Jahren außerdem 20 Milliarden Dollar (20,4 Milliarden Euro) Unterstützung. Damit soll verhindert werden, dass russisches Plutonium ins Ausland sickert. Die USA geben die Hälfte der Summe, Deutschland 1,5 Milliarden Euro. Mit dem Geld soll unter anderem die Bergung von Atom-U-Booten finanziert werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hofft auf Aufträge für die deutsche Wirtschaft. Die G 8 starteten damit eine neue globale Partnerschaft gegen die Verbreitung von Waffen und Material zur Massenvernichtung, an der sich auch andere Länder beteiligen sollen.
Die Finanzspritze für Russland ist Teil eines Programms zum Kampf gegen den Terrorismus. Dazu legten die G-8-Staaten einen Sechs-Punkte-Plan vor. Sie wollen möglichst rasch die Sicherheitsvorkehrungen im internationalen Luft- und Seeverkehr verschärfen. Reisedokumente sollen weltweit fälschungssicherer gemacht werden. Schiffscontainer sollen besser kontrolliert werden. Vor allem die US-Regierung will verhindern, das Waffen und Terroristen in Containern unbemerkt ins Land kommen. Piloten der mehr als 14 000 Flugzeuge, aus der die weltweite zivile Luftflotte besteht, sollen künftig durch stärkere Türen zum Cockpit vor Terroristen geschützt werden.
Die G 8 beschlossen schließlich einen Aktionsplan für Afrika. Der Plan soll die Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (Nepad) unterstützen. Die afrikanischen Staaten wollen selbst ihre Gesellschaften auf demokratische Weise reformieren, um zu Wohlstand und politischer Stabilität zu kommen. Die G-8-Staaten stützen diese Initiative bis 2002 mit zusätzlich mindestens sechs Milliarden Dollar Entwicklungshilfe. Neue großzügige Finanzhilfen gab es in Kananaskis nicht. Vielmehr werden nur bereits zugesagte Summen nach Afrika umgelenkt - andere Kontinente haben entsprechend das Nachsehen.
Entwicklungshelfer bezeichnen den Aktionsplan als «heiße Luft».
Allerdings: Nicht nur für afrikanische, sondern für alle Entwicklungsländer weltweit wurde ein weiterer Schuldenerlass beschlossen. Diese Mittel wurden bereits im vergangenen März zugesagt. Dabei wird die 1999 beim Kölner G-8-Gipfel beschlossene Entschuldung der ärmsten Staaten um eine Milliarde Dollar aufgestockt. In den Genuss kommen die so genannten HIPC-Länder. Die Abkürzung steht für «Highly Indebted Poor Countries»; unter diesem Begriff werden die 42 am höchsten verschuldeten Länder der Welt zusammengefasst.
Auch für das WM-Finale fiel auf dem Gipfel eine wichtige Entscheidung: Fußballfan Gerhard Schröder flog nicht mit der deutschen Delegationsmaschine nach Hause zurück. Vielmehr nahm er das Angebot seines Kollegen Junichiro Koizumi an, direkt mit nach Tokio zu fliegen und damit als erster fremder Regierungschef die japanische Staatsmaschine mitnutzen zu dürfen. Laut Schröder gaben ihm alle Gipfelteilnehmer gute Wünsche für das deutsche Team mit auf den Weg. AFP/dpa