Berlin - Zwischen Finanz- und Verteidigungsministerium ist es zu einem Streit um die künftige Bundeswehr-Finanzierung gekommen. Während die Haushaltsexperten von Minister Rudolf Scharping (SPD) versuchen, die Kosten für Auslandseinsätze herunterzurechnen, lehnt Finanzminister Hans Eichel (SPD) dies ab. Gestern verlängerte das Bundeskabinett den Mazedonien-Einsatz bis Ende Oktober.
Nach Informationen der Berliner Morgenpost fehlen Scharping 2003 rund 720 Millionen Euro, um die Bundeswehr-Reform finanzieren zu können. Eichel will Scharping im nächsten Jahr 23,622 Milliarden Euro aus dem regulären Haushalt und weitere 767 Millionen aus dem Anti-Terror-Programm zugestehen. Diese Obergrenze von 24,389 Milliarden Euro reicht aber für die Bundeswehr bei weitem nicht aus.
Schon in diesem Jahr sind Scharpings Mittel eng begrenzt. In die Kabinettsvorlage zur Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes am 5. Juni versuchte sein Ministerium daher den Satz reinzudrücken, die dafür notwendigen Mittel (155 Millionen Euro) seien im Verteidigungshaushalt nicht veranschlagt. Eichel lehnte empört ab und verlangte einen anderen Passus, dass die Mittel durch Umschichtungen finanziert würden.
«Wer bezahlt, bleibt damit unklar», kritisiert der CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann. Sollten die Kosten für Auslandseinsätze weiterhin aus dem Verteidigungsetat bezahlt werden müssen, «bricht die ganze Beschaffungsliste für dieses Jahr zusammen», hat der CDU-Experte ausgerechnet.
Im nächsten Jahr werden die Probleme noch massiver. Um den nötigsten Bedarf zu decken, müsste Scharping trotz der Anti-Terror-Gelder 720 Millionen Euro mehr haben. Dagegen stehen jedoch Eichels strikter Sparkurs und die mittelfristige Finanzplanung, die bis 2006 unverändert 24,389 Milliarden Euro vorsieht. Das Scharping-Ministerium legte bisher nur Bruchstücke für den Haushalt 2003 vor. Offenbar «um die ganze Wahrheit bis nach der Bundestagswahl zu verschieben» (Austermann).
Um Geld für Investitionen und die Reform zu gewinnen, rechneten Scharpings Beamte die Kosten der Auslandseinsätze herunter - von 716 Millionen Euro in diesem Jahr über 543 (2003) bis auf 153 Millionen (2004 und folgende). Austermann: «Eine aberwitzige Vorstellung.» Die Kosten für Auslandseinsätze würden sich tatsächlich auf 2,3 Milliarden Euro summieren.
Auch im Eichel-Ministerium trifft die Absicht auf Widerstand. Dort will man die zusätzlichen Anti-Terror-Mittel gesondert ausgewiesen wissen, damit sie nicht in Scharpings Reformmühle verschwinden.
Das Militär protestiert ebenfalls gegen die zu niedrigen Ansätze: Konsequenzen bei der Materialerhaltung der Flugzeuge und beim Übungsbetrieb der Luftwaffe seien unausweichlich, so der Luftwaffen-Inspekteur Gerhard Back.