Berlin - In der Affäre um die rechtswidrige Vergabe von EU-Fördergeldern zur Abwicklung des größten europäischen Beschäftigungsprogramms Equal hat jetzt auch der Bundesrechnungshof dem Bundesarbeitsministerium ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. In einem Bericht für den Bundestags-Hauhaltsausschuss bestätigen die Rechnungsprüfer nicht nur den seit Monaten bekannten «Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht», weil das Ministerium Millionenaufträge ohne öffentliche Ausschreibung an die Bonner Firma Efp vergeben hatte.
In ihrem 47-seitigen Bericht werfen die Rechnungsprüfer dem Ministerium zudem vor, dass die rechtswidrig aufgesetzten Verträge neben Formfehlern «weitere gravierende inhaltliche» Fehler aufweisen. Die zusätzliche finanzielle Belastung des Bundeshaushaltes beziffern die Prüfer auf 1,7 Millionen Euro, wobei mögliche Regress- und Anwaltskosten nicht erfasst sind.
Nach Überzeugung des Bundesrechnungshofs haben bei der Abwicklung nicht nur einzelne zuständige Fachreferenten, sondern gleich mehrere mitverantwortliche «Organisationseinheiten» des Ministeriums versagt. Dies habe dazu geführt, dass bei einem Auftragsvolumen in Höhe von 16,6 Millionen Euro die Vertragskonditionen «einseitig die Interessen des Unternehmens» berücksichtigt hätten. Damit sei «gegen haushaltsrechtliche Grundsätze» verstoßen worden. So musste das Ministerium laut Vertrag zwar die Herstellung einer Spezial-Software bezahlen, zugleich sollten aber die Nutzungs- und Verwertungsrechte «vollumfänglich» beim Unternehmen verbleiben.
«Völlig unzureichend», so die Rechnungsprüfer, seien auch die Regelungen zur Kostenerstattung ausgefallen: «Damit bieten die Verträge keinerlei Anreiz zu einer sparsamen Haushaltsführung.»
Erschüttert wird auch die persönliche Verteidigungslinie von Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD): Der hatte Rücktrittsforderungen mit dem Argument zurückgewiesen, er habe sofort personelle wie auch organisatorische Konsequenzen in seinem Haus gezogen, nachdem die Unregelmäßigkeiten bekannt geworden waren. Die Rechnungsprüfer dagegen legen ausführlich dar, dass es mehrfache Warnschüsse der EU-Kommission bedurfte, bis das Ministerium reagierte: «Erst aufgrund der erneuten Ankündigung eines Vertragsverletzungsverfahrens ... entschied sich das Bundesministerium ,den Bedenken der Kommission' Rechnung zu tragen, allerdings ohne seine Rechtsauffassung aufzugeben.»
Riester selbst wird in dem Bericht nur indirekt erwähnt. Doch auch hier ist der Vorwurf fehlender Kontrolle unübersehbar. So hält es der «Bundesrechnungshof für bedenklich, dass die Leitung» den Abschluss eines Vertrages aufgrund einer Vorlage genehmigte, «in der nichts über das finanzielle Volumen der Angelegenheit gesagt wurde».
Wie pflichtvergessen und dreist Riesters Beamte handelten, zeigt vor allem ihr unbedenklicher Umgang mit Steuergeldern: So ließ sich das Ministerium zur Regelung der vergaberechtlichen Schwierigkeiten «umfänglich von einem Rechtsanwalt beraten». Der vereinbarte mit dem damals zuständigen Referatsleiter «mündlich ein Stundenhonorar von 700 DM». Im Lauf der Monate summierten sich die Forderungen des Juristen ohne schriftlichen Vertrag auf 800 000 Mark, wovon ein Viertel beglichen wurde. Als «problematisch» bezeichnen es die Rechnungsprüfer, dass der Berater «Aufgaben erledigte, die zu den Dienstpflichten» der Beamten zählen. Hinzu komme, dass bei der Vergabe der Aufträge die begründeten Warnungen des teuren Experten von den Beamten nicht beachtet wurden.
Riester-Sprecher Klaus Vater sagte der Berliner Morgenpost, dass der auf Initiative des Ministeriums erstellte Bericht «insgesamt an der Amtsführung» des Ministeriums keine Kritik übe. Unions-Haushälter Dietrich Austermann dagegen sprach von einem «gewaltigen Skandal». Es sei unerträglich, dass Riester für «Schlampereien diesen Ausmaßes» nicht persönlich die Verantwortung übernehme.