Gemeinsam für Frieden in Nahost

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Manfred Pantförder

Foto: ck/hpl

Berlin - Israelische und palästinensische Politiker an einem Tisch. Sie sprechen miteinander über einen Ausweg aus der Nahost-Krise. In Berlin. Was in der angespannten Atmosphäre im Konfliktgebiet zwischen Mittelmeer und Jordan derzeit kaum vorstellbar ist, entwickelt sich auf deutschem Boden zu einem mutigen Werbezug für den Frieden.

«Wir haben keine Zeit für Zwischenlösungen», sagt Jossi Beilin. Der frühere israelische Justizminister und einer der Architekten des Osloer Friedensabkommens von 1993 plädiert für rasche Verhandlungen mit den Palästinensern über ein endgültiges Abkommen. «Wir kennen die Lösung», so der erfahrene Friedens-Unterhändler. Zwei Staaten, mit den Grenzen von 1967, Jerusalem als Hauptstadt für beide Seiten, Sicherheit für Israel, eine faire Lösung für palästinensische Flüchtlinge, fasst der Spitzenpolitiker knapp zusammen.

Gemeinsam mit dem stellvertretenden palästinensischen Parlamentspräsidenten, Ghazi Hanania, und weiteren Politikern beider Lager wurde Beilin gestern in Berlin mit dem Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr ging der Preis an die serbische Studentenbewegung Otpor, die maßgeblich zum Sturz des autokratischen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic beitrug.

Bundesaußenminister Joschka Fischer würdigte bei der Preisverleihung gestern den Einsatz der ungewöhnlichen israelisch-palästinensischen Friedenskoalition. Er sprach sich dabei erneut für eine internationale Konferenz zur Beilegung des Konfliktes aus. Eine solche Konferenz ins Leben zu rufen, sei Ziel seiner Reise, die ihn Ende Mai ins Krisengebiet führt. Angesichts des täglichen Leids und der sinnlosen Opfer brauche es viel Mut, um die «breiten Gräben» zwischen Israelis und Palästinensern zu überwinden, sagte Fischer.

Die Friedenskoalition wurde im Januar gegründet. Die Gruppe traf sich jedoch schon früher: öffentlichkeitswirksam am Kontrollpunkt zwischen Jerusalem und dem autonomen Ramallah im Mai des vergangenen Jahres. Dies war ein erstes Friedenssignal nach Beginn des palästinensischen Aufstands Ende September 2000. «Unsere Arbeit ist es, für Hoffnung zu sorgen», sagt Beilin. Nach längerer Apathie meldete sich dann auch die israelische Friedensbewegung mit einer großen Demonstration vor wenigen Tagen zurück. Dies sieht Yael Tamir, frühere Ministerin für Einwanderer, als Erfolg der mühsamen Aufklärungsarbeit in der eigenen Gesellschaft.

Bei aller betonter Gemeinsamkeit offenbaren sich in der heterogenen Koalition auch unterschiedliche Betrachtungsweisen. Auf israelischer Seite wird deutlich, dass es Beilin und seinen Mitstreitern auch stark darum geht, im eigenen Staat für den Ausgleich werben zu müssen. Sogar in der eigenen Partei. Beilin verurteilt scharf, dass seine Arbeitspartei in der Regierung von Premier Ariel Scharon sitzt. Unverhohlen kündigt der prominente Weggefährte eines Itzhak Rabin, Ehud Barak und Schimon Peres an, die sozialdemokratische Partei zu verlassen, wenn deren derzeitiger Vorsitzender, Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser weiter im Amt bleiben sollte. Auf palästinensischer Seite wird ein solcher Riss im Inneren nicht sichtbar. Hanania und Samir Rantisi, Berater des palästinensischen Informationsministers, nennen als Voraussetzung für Frieden ein Ende der israelischen Besatzung. Diese Bedingung ist der Kernpunkt - und politisch eine Hürde. Zwei weitere prominente Vertreter haben den Weg nach Berlin nach Veranstalter-Angaben kurzfristig nicht antreten können: Jossi Sarid, Oppositionsführer in der Knesset, erlitt einen Schwächenanfall, Arafats Vertrauter und Informationsminister, Jassir Abed Rabbo, einen Bandscheibenvorfall.