Aufruhr der Mönche auf Berg Athos

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Athen - "Freiheit oder Tod": Mit dieser Kampfansange, die aus dem griechischen Unabhängigkeitskrieg gegen die Türken Anfang des 19. Jahrhunderts stammt, sind knapp 100 Männer zu allem bereit. "Zu Glaubensfragen kann es keine Kompromisse geben", lässt Pater Methodius die Außenwelt wissen. Der greise Mönch mit dem weißen Vollbart und der Goldrandbrille ist der Abt des Esfigmenou-Klosters auf dem Berg Athos (Nordgriechenland). Auf sein Kommando hören die Mönche, die sich als Vorkämpfer eines puristisch-fundamentalistischen Glaubens verstehen und nun die Konfrontation mit der griechischen Polizei riskieren.

Das aus dem elften Jahrhundert stammende, etwas abgelegen gebaute Esfigmenou-Kloster gilt seit jeher als ein Tummelplatz besonders strenggläubiger Mönche auf der zu Griechenland gehörenden, aber autonom verwalteten Mönchsrepublik. Der aus 20 Klöstern bestehenden Gemeinschaft, die als ihren geistigen Oberhaupt den jeweiligen griechischen Patriarchen von Konstantinopel in Istanbul anerkennt, derzeit Patriarch Bartholomäus I., ist das Treiben der in Esfigmenou lebenden Mönche schon lange ein Dorn im Auge gewesen. Die sich gerne als Zeloten, also als Glaubensfanatiker bezeichnenden Mönche haben praktisch jeden Kontakt zu ihren Glaubensbrüdern abgebrochen. Der Grund: Den anderen Mönchen und insbesondere dem Patriarchat werfen sie vor, durch den ökumenischen Dialog mit den Katholiken den "Hochverrat am wahren Glauben" begangen zu haben.

Methodius ist fest davon überzeugt, dass Patriarch Bartholomäus von politischen Kräften unter Druck steht, die Jahrtausendalte Mönchsrepublik zu "liberalisieren." Das Europäische Parlament hat - und zwar mit den Stimmen einiger griechischer Abgeordneten - die Mönchsrepublik aufgerufen, das seit dem 10. Jahrhundert geltende Einreise- und Aufenthaltsverbot für Frauen aufzuheben. In den letzten Wochen sind viele konservativ-gläubige Griechen Sturm gegen ein versuchtes Diktat aus Strassburg gelaufen.

Doch nun haben die Mönche vom Esfigmenou-Kloster den Bogen überspannt. Sie haben Patriarch Bartholomäus I. als "Häretiker" beschimpft - eine Anschuldigung, die sich kein Kirchenfürst gefallen lassen. Nach dem Scheitern von zahlreichen Vermittlungsversuchen, rief der Rat aller Äbte die griechischen Behörden an, die Justiz wurde eingeschaltet. Den Esfigmenou-Mönchen wurde ein rechtskräftiger Gerichtsbeschluss zugestellt: Spätestens am 29. Januar hätten sie das historische Kloster zu räumen. Als diese Frist verstrich, ohne dass nur einer der Mönche gepackt hätte, rückte eine Polizeieinheit an. Seitdem darf keiner das Kloster betreten, Wasser und Nahrungsmittellieferungen wurden gestoppt. Mönche, die das umlagerte Kloster verlassen, kommen in Polizeigewahrsam. Abt Methodios hat beim Obersten Gerichtshof in Athen Berufung gegen ihre Ausweisung eingelegt. Ein Urteil stehe noch aus.

Die griechische Öffentlichkeit verfolgt mit angehaltenem Atem die für Außenstehenden schwer verständliche Konfrontation. Der Befehl aus Athen an die Polizeitruppe ist eindeutig klar: "Unter keinen Umständen Gewalt anwenden." Niemand hat ein Interesse daran, dass aus der Hand voll Fanatiker, die sogar den auch in Griechenland gültigen gregorianischen Kalender nicht anerkennen, religiöse Märtyrer werden. Dass es bald zu einer Einigung kommen könnte, ist eher unwahrscheinlich. Abt Methodius und seine Mitstreiter stellen sich auf eine lang Konfrontation ein: "Uns kann hier niemand rauszwingen." Für mindestens zwei Jahre würden Lebensmittel- und Wasservorräte im Kloster selbst ausreichen.: "Davon abgesehen würden wir lieber sterben, als unseren Glauben zu kompromittieren."