In Käfige gesperrte Stachelschweine, Schildkröten in Eimern, Schlangen in Stofftaschen: Ein Großteil der auf dem Xingfu-Großmarkt im südchinesischen Conghua feilgebotenen Wildtiere steht auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion. Zwar können Verkauf oder Verzehr gefährdeter Arten seit April mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden, doch in der Provinz Guangdong werden die Gesetze kaum angewandt. Für ihre exotischen kulinarischen Vorlieben ist die Region schon lange bekannt. Manche Gourmets prahlen, sie würden „außer einem Tisch alles essen, was vier Beine hat“.
„Für das Fleisch bekomme ich 500 Yuan (60 Euro) pro Pfund“, sagt ein Händler chinesischer Schuppentiere. Vor zwei Jahren geriet der Großmarkt kurzzeitig in die Schlagzeilen, als ihn ein Beamter in einer Pekinger Zeitung als Zentrum des illegalen Handels mit Wildtieren bezeichnete. Das Geschäft werde schwieriger, klagt der Händler, der anonym bleiben wollte: „Jetzt ist es sehr streng geregelt.“ Auf den ersten Blick sieht man davon nichts. Noch immer herrscht reger Betrieb. Ein großes Schild preist Riesensalamander an, die auf der Roten Liste als stark gefährdet eingestuft sind. Neben Stachelschweinen stehen asiatische gelbe Teichschildkröten zum Verkauf.
Vielen Wildtieren wird eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt, obwohl wissenschaftliche Beweise fehlen. Schätzungen zufolge werden in Südostasien jährlich Zehntausende der Tiere geschmuggelt.Peking erließ erstmals im Jahr 1989 Gesetze, die den groß angelegten Handel mit vielen gefährdeten Tierarten untersagten. Doch eine boomende Industrie ließ die Nachfrage ansteigen und erschwerte die Durchsetzung des Verbots. Trotz Verschärfung der Gesetze im April berichten die staatlichen Medien immer wieder über große Lieferungen geschmuggelter Tiere.
Viele Gasthäuser offerieren die verbotenen Delikatessen auf geheimen Speisekarten, wie Tierschützer Tian Yangyang von der Interessengemeinschaft Nature University berichtet. Bei Recherchen in Guangdong fand er zum Beispiel heraus, dass etwa Adler- und Schwanenfleisch überall zu haben ist. In einem auf Schlangeneintopf spezialisierten Straßenlokal in Guangzhou verkaufen sich lebende Königskobras am besten – auf der Roten Liste sind die Tiere als gefährdet eingestuft. „Der Verzehr ist gut für Hals und Kopf“, sagt eine 17-jährige Kundin. Kurz hält sie inne: „Ich wusste nicht, dass sie gefährdet sind“, dann beißt sie wieder herzhaft in das Fleisch.