Glücksspiel-Millionäre werden künftig im Internet gemacht
– Nach fast einem halben Jahrhundert geht ein Stück deutscher Fernsehgeschichte zu Ende und Millionen Lottospieler müssen sich umgewöhnen. An diesem Sonnabend wird die „Ziehung der Lotto-Zahlen“ zum letzten Mal live im Fernsehen übertragen (ARD, 23.15 Uhr). Besonderes ist laut Hessischem Rundfunk nicht geplant. „Wir werden nur journalistisch auf die neue Sendeform hinweisen“, sagt HR-Sprecher Christian Bender. Denn künftig wird Lotto-Fee Franziska Reichenbacher immer sonnabends vor der Tagesschau (19.57 Uhr) die Glückszahlen präsentieren. „Statt Ziehungsgerät wird ein Touchscreen im Mittelpunkt stehen.“
Kurz vor der Bekanntgabe im TV werden die Glückszahlen künftig in einem Studio in Saarbrücken ermittelt. Der Nervenkitzel der Ziehung ist dabei ganz im Sinn der neuen Mediengewohnheiten der jungen Generation nur im Internet live mitzuerleben. Für das Fernsehen hat nach Feststellung der Macher das „Event“ seinen Reiz verloren. „Der Vorgang ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Bender. Die ARD-Macher störte zudem der unregelmäßige Sendezeitpunkt – nach der Samstagabend-Show, vor den „Tagesthemen“ und dem „Wort zum Sonntag“.
Beim ZDF sollte bereits am Mittwoch Schluss sein. „Das Lotto am Mittwoch“ soll zwar seinen Sendeplatz kurz vor der „heute“-Sendung behalten. Die zuvor gezogenen Zahlen sollen aber nicht mehr von einer Moderatorin präsentiert werden. Auch beim Zweiten denkt man, die TV-Ziehung passe nicht mehr in unsere Zeit. Der Mainzer Sender präsentierte das Mittwochslotto seit 1982, der HR die Samstagsabend-Ziehung seit 1965. Zuletzt verfolgten aber nur noch überwiegend ältere Menschen die Sendungen.
Derweil laufen die Vorbereitungen für die künftigen Ziehungen in einem Studio beim Saarländischen Rundfunk auf Hochtouren. „Es läuft alles nach Plan“, berichtet der Geschäftsführer von Globe tv, Axel Biehl. Die Glückskugeln sollen nach der bisherigen Planung künftig mittwochs um 18.25 Uhr und sonnabends um 19.25 Uhr rollen.
„Attraktive Moderatorinnen“
Im neuen „frischen“ Studio soll weiß dominieren, um die Internet-Übertragung zu erleichtern – kombiniert mit den Lotto-Farben rot und gelb. Das ganze soll im Wechsel von zwei „frischen, attraktiven Moderatorinnen“ präsentiert werden. Die beiden neuen Lotto-Feen wurden bei einem Casting ausgewählt. Über die Namen hüllt sich Saar-Lotto bisher in Schweigen. Das Geheimnis soll erst an diesem Freitag gelüftet werden.
Legale Internet-Wetten sollten nach Ansicht der deutschen Lotto-Gesellschaften vereinfacht werden. Der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB) begrüßte am Mittwoch zwar, dass seit Inkrafttreten eines neuen Glücksspielvertrags zwischen den Bundesländern vor einem Jahr wieder geregelt im Internet gespielt werden darf. Die Geschäftsführer von Saar-Toto, Michael Burkert und Peter Jacoby, kritisierten aber die oft umständlichen Vorschriften für Spieleridentifizierung und Konzessionsvergabe.
Dies führe dazu, dass viele Tipper zu illegalen Anbietern getrieben würden. Burkert und Jacoby forderten eine bundeseinheitliche Regelung zur Spieleridentifizierung, wie sie bereits in Niedersachsen gilt. Diese laufe dort „einfach, sicher und schnell über eine Schufa-Abfrage“ ab. Dagegen müsse sich ein Tipper etwa im Saarland erst im Internet anmelden, dann ein Formular ausdrucken und sich mit diesem bei einer Lotto-Annahmestelle identifizieren. „60 Prozent der Spieler machen das nicht mit und brechen vorher ab“, sagte Jacoby.
dpa