"Kannibale" klagt gegen Kinofilm

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Kurz vor Beginn seines neuen Prozesses will der "Kannibale von Rotenburg" den Start eines Kinofilms über die blutige Tat stoppen.

Rotenburg - Kurz vor Beginn seines neuen Prozesses will der "Kannibale von Rotenburg" den Start eines Kinofilms über die blutige Tat stoppen. Der millionenteure Streifen "Rohtenburg" der amerikanischen Produktionsfirma Atlantic Streamline, der am 9. März in Deutschland anlaufen soll, sei ohne jede Einwilligung des Angeklagten Armin Meiwes entstanden, sagte sein Anwalt Harald Ermel am Montag.

In dem Film mit dem deutschen Hollywood-Star Thomas Kretschmann ("King Kong") in der Hauptrolle, werde Meiwes "als bestialischer Mörder stigmatisiert, vor dieser verfälschten Darstellung muß er geschützt werden", meinte der Anwalt. In Deutschland wird der Film vom Verleih Senator in die Kinos gebracht. Der Prozeß gegen Meiwes (44) wird von Donnerstag an vor dem Frankfurter Landgericht neu aufgerollt. Gegen Atlantic Streamline wollte Ermel am Montag in Deutschland und in den USA eine einstweilige Verfügung beantragen, weil er das Persönlichkeitsrecht seines Mandanten verletzt sieht. Das Unternehmen habe Meiwes "hohe Summen" angeboten, damit der Film anlaufen könne, sagte der Anwalt. "Aber es geht ihm nicht ums Geld, sondern um eine wahrheitsgemäße Darstellung. Wir wehren uns gegen Trittbrettfahrer, die sich auf Kosten von Herrn Meiwes bereichern wollen". Die Rechte an seiner Geschichte hatte Armin Meiwes der Hamburger Produktionsfirma Stampfwerk überlassen. Firmenchef Günter Stampf sagte am Montag, er habe mit Meiwes im vergangenen Jahr im Gefängnis mehrere Vorbereitungsgespräche für Filmaufnahmen und eine Buchdokumentation geführt. Es gehe ihm um eine wahrheitsgemäße, journalistische Darstellung des Falls und seiner Hintergründe, insbesondere den Kannibalismus-Foren im Internet. Zur Zeit gehe er von einer 90 Minuten dauernden Dokumentation für die BBC und den amerikanischen TV-Kanal HBO aus. Meiwes plant laut seinem Anwalt zudem, seine Memoiren über den Fall zu schreiben.

Im Frühjahr 2001 hatte der EDV-Experte einen Berliner Ingenieur auf dessen Verlangen hin entmannt, getötet, zerlegt und zum Teil gegessen. Auch gegen eine britische Internet-Firma, die drei Gewaltbilder mit Schlachtszenen ins Netz gestellt haben soll, will Meiwes' Anwalt vorgehen. Beim Landeskriminalamt (LKA) in Wiesbaden, das den Aufsehen erregenden Kannibalismus-Fall federführend untersucht hatte, habe er einen Strafantrag wegen Gewaltverherrlichung gestellt, erklärte Ermel. Das LKA soll prüfen, ob die Fotos aus dem Video-Film stammen, den der Angeklagte von seiner Tat gedreht hatte. "Die Fotos könnten nachgestellt sein, aber sie könnten auch aus den Akten sein." Gegen die deutsche Rockband Rammstein will Meiwes ebenfalls gerichtliche Schritte wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte einleiten. Im Lied "Mein Teil" (Charterfolg in Deutschland und den USA) gebe es einen "deutlichen Bezug" auf seinen Mandanten, erklärte Ermel.

Vor zwei Jahren hatte das Landgericht Kassel den "Kannibalen von Rotenburg" wegen Totschlags zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof ordnete jedoch die Neuauflage des Prozesses an, weil die Kasseler Richter zu Unrecht gleich mehrere Mordmerkmale verkannt hätten. dpa/AP