- Hagen holte eine Kamera und klappte den Klodeckel auf. Dann landete eine Deutschlandfahne im Lokus - und das Bild auf der Seite im Internet.
Internetnutzer empörten sich ob der böswilligen Schändung der Deutschlandfahne. Hagen entfernte das Bild. Doch da wurde schon der Rücktritt des Juso-Landesvorsitzenden aus Mecklenburg-Vorpommern gefordert, der sich bisher durch sein Engagement gegen Rechtsextreme in seinem Bundesland auszeichnete. Hagens Entschuldigung, er habe sich mit dem Fahnen-Foto klar vom grassierenden Nationalismus abgrenzen wollen, weil bei StudiVZ "häufig Deutschlandfahnen als Profilbild" spezieller Zielgruppen aufkämen, wurde nicht akzeptiert. Er erhielt eine Anzeige, morgen wird sein Fall wegen Verunglimpfung der Bundesrepublik Deutschland in Rostock vor Gericht verhandelt.
"So ein Fall kommt nicht häufig vor", sagt die Pressesprecherin des Amtsgerichts, Gabriele Krüger. Als Höchststrafe drohten dem Angeklagten drei Jahre Freiheitsentzug. Wahrscheinlicher sei aber eine Geldstrafe oder eine Einstellung gegen eine Geldbuße.
Doch was ist im Gesetz nun erlaubt, was verboten? Es gibt keine eindeutigen Antworten. Die Richter haben in der Vergangenheit den betreffenden Paragrafen 90a im Strafgesetzbuch verschiedentlich ausgelegt. Als Verunglimpfung gilt demnach alles, was massiv und in der Öffentlichkeit die Ehre der Bundesrepublik Deutschland verletzt. Anfang Juni 2008 urinierten am Rande ihres Bundesjugendkongresses drei Nachwuchspolitiker der Grünen auf die am Boden liegende Flagge. Verboten. "Bei allem, was einen beleidigenden Unterton hat, sollte man vorsichtig sein, auch wenn es nicht mit Worten gesagt wird, sondern nur symbolisch", sagt Strafrechtler Rainer Frank aus Berlin. Nicht alles ist verboten: Anfang der 90er-Jahre wollte ein Mann gegen einen Aufmarsch der Rechten an einem Soldatenehrenmal protestieren. Als Kameradenverbände die Reichsflagge hissten, reagierte der Aktionskünstler und steckt ein schwarz-rot-goldenes Jubelfähnchen in Pferdemist, den ein Polizeigaul just in diesem Moment hinterlassen hatte. Der Mann wurde freigesprochen, ein Gericht hielt den Protest für erlaubte Satire.
Die Richter werden im Fall Hagens, der inzwischen nicht mehr im Landesvorstand sitzt, abwägen müssen, welche Absicht er mit dem Foto verfolgte. Bis zur Verhandlung wollte er sich nicht äußern. Auch nicht dazu, was nach dem Foto mit der Fahne passierte. Wichtig könnte nämlich eventuell werden, ob er abgezogen hat oder nicht.