Deutscher Prinz und niederländischer Patriot

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Jan Kanter

Utrecht - Prinz Bernhard der Niederlande ist tot. Der Vater von Königin Beatrix starb am späten Mittwoch abend im Universitätskrankenhaus von Utrecht. Bereits in den vergangenen Tagen war bekannt geworden, daß sich der Gesundheitszustand des 93jährigen, der an Lungen- und Darmkrebs erkrankt war, rapide verschlechtert hatte. Am Ende hatten die Ärzte auf "ausdrücklichen Wunsch des Prinzen", so ein Kliniksprecher, darauf verzichtet, ihren königlichen Patienten weiter zu behandeln.

Die Niederländer müssen jetzt von einer ihrer beliebtesten Symbolfiguren Abschied nehmen, einem Deutschen, der seit beinahe 70 Jahren in den Niederlanden lebte. 1936 war der damals 36jährige Bernhard Leopold zur Lippe-Bisterfeld für die IG Farben nach Amsterdam gegangen und hatte dort seine spätere Frau Juliana kennengelernt. Die angehende Monarchin war offenbar vor allem vom schneidig-charmanten Auftreten des jungen Adligen angetan. Es folgte eine Blitzromanze und bereits 1937 die Hochzeit.

Nach dem Krieg wurde Bernhard als Ehemann der jungen Königin der beste "Exportartikel" des Landes. Er glänzte auf gesellschaftlichem Parkett, gründete unter anderem dem World Wildlife Fund mit und war sogar Oberbefehlshaber der Streitkräfte.

Eine Schmiergeldaffäre um den US-amerikanischen Rüstungskonzern Lockheed beendete allerdings in den siebziger Jahren das öffentliche Leben des Prinzgemahlen, der sich zwar wie der gesamte Königsclan großer Beliebtheit erfreute, aber als Person nie unumstritten war. Der Deutsche in den Niederlanden stand immer auch für die mühsame Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. Hartnäckig hielten sich bis zuletzt Gerüchte um eine NSDAP-Mitgliedschaft Bernhards. Gerüchte, die erst jetzt bestätigt wurden. Bernhard habe zwar auf den Listen der Partei gestanden, aber nie irgendwelche Beiträge bezahlt, geschweige denn aktiv für die Partei gearbeitet, hatte noch in der vergangenen Woche ein Sprecher des Prinzgemahls betont.

Außerdem galt Bernhard während der deutschen Besatzung als eine der zentralen Figuren des niederländischen Widerstands gegen Nazi-Deutschland, gleichzeitig wurde ihm aber auch der Verrat alliierter Invasionspläne unterstellt. Der Prinz symbolisierte so die überaus engen, aber zugleich nie unkomplizierten Beziehungen zwischen Niederländern und Deutschen.

In die Schlagzeilen der niederländischen Medien - politisch weniger brisant, aber für Niederländer beinahe ebenso empörend - geriet Bernhard auch aus privaten Gründen. Angeblich soll der Bonvivant mit weißer Nelke im Knopfloch es nämlich mit der ehelichen Treue nie so ganz genau gehalten haben, kolportieren die Hofberichterstatter, die bis vor kurzem in dieser Frage aber auf eine Mauer des Schweigens um den königlichen Palast stießen. Erst im Frühjahr dieses Jahres meldete sich der Prinzgemahl zu diesem Thema zu Wort, wies die meisten Vorwürfe zurück, gestand aber in einem offenen, in der Tageszeitung Volkskrant abgedruckten Brief die Verletzung ehelicher Pflichten, sowie zwei außerehelich gezeugte Kinder, ein.

Dieser Befreiungsschlag des Prinzen führte in den Niederlanden, in denen es eine kleine aber lautstarke republikanische Bewegung gibt, zu einer ausgiebigen Debatte über die Rolle des Königshauses. Immerhin war es dem Prinzen noch vergönnt, zu sehen, daß seine Familie um Tochter Beatrix und Enkel Willem Alexander mit der Geburt der Urenkelin die königliche Tradition der Niederlande fortsetzen kann. Den Bürgern des Landes aber fehlt künftig eine Integrationsfigur, eine Persönlichkeit an der sie sich reiben konnten, die sie aber als schillernde und weltgewandte Figur ihrer Vorzeigefamilie in ihre Herz geschlossen hatten.