Babys in Krankenhaus vertauscht

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Hans-Jörg Schmidt

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Zwei tschechischen Elternpaaren ist das passiert, wovor sich wohl alle Familien fürchten: Unmittelbar nach der Niederkunft der Mütter wurden ihre Kinder vertauscht.

Prag - Zwei tschechischen Elternpaaren ist das passiert, wovor sich wohl alle Familien fürchten: Unmittelbar nach der Niederkunft der Mütter wurden ihre Kinder vertauscht. Erst nach fast einem Jahr bestätigten DNA-Tests den Fehler eines Krankenhauses in der mährischen Stadt Trebic.

Dem 29-jährigen Vater kam die Sache gleich seltsam vor. "Unsere Nikola hatte ein Geburtsgewicht von 3300 Gramm. Am Tag darauf wog das Kind nur 2650 Gramm", sagt Libor, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will. "Da fragten wir uns schon, ob nicht ein Fehler vorliegt. Aber in der Euphorie, dass wir endlich Eltern geworden waren, machten wir uns nicht wirklich Gedanken über eine mögliche Verwechslung."

Doch die Zweifel nahmen zu, als die kleine Nikola mit vier Monaten auffallend blonde Haare bekam; beide Eltern sind dunkelhaarig. Libor wurde misstrauisch, zweifelte an seiner Vaterschaft, wollte Gewissheit haben. Ohne seine Frau zu informieren, unterzog er sich einem DNA-Test. Der bestätigte seinen Zweifel. Dies wiederum hätte beinahe seine Ehe zerstört. Libor nämlich beschuldigte seine Frau Jaroslava, ihm untreu gewesen zu sein und ihm das Kind untergeschoben zu haben. Die verzweifelte junge Mutter beteuerte ihre Treue und unterzog sich schließlich auch einem DNA-Test. Der zeigte, was niemand für möglich gehalten hatte: Die kleine Nikola war auch nicht ihr Kind.

Zum Zeitpunkt der Geburt von Nikola kamen in dem Krankenhaus noch vier weitere Kinder zur Welt. Am Mittwoch ergaben die Auswertungen weiterer Tests, dass zwei der damals fünf Neugeborenen tatsächlich vertauscht worden waren. Die "richtige" Nikola wurde gefunden. Zur Verwechslung kam es wohl, weil beide Mütter Jaroslava heißen.

Doch keiner der Betroffenen weiß jetzt recht, wie es weitergehen soll. "Wir lieben Nikola, auch wenn es nicht unser Kind ist. Unter einem Rücktausch würden mit Sicherheit beide Kinder leiden", sagen Libor und Jaroslava. Sie wollen jetzt zunächst einmal Kontakt zu dem anderen betroffenen Elternpaar aufnehmen und sich kennenlernen. Was daraus folgt, vermag derzeit niemand zu sagen. Der Psychologe Jeronym Klimes warnte in der Zeitung "Mladá fronta Dnes" davor, die Kinder so einfach wieder auszutauschen: "Die Kinder haben vor allem zu den Müttern ein enges Verhältnis aufgebaut, auch wenn es nicht ihre leiblichen sind. Es handelt sich aber nicht um anonyme Menschen für sie."

Das Krankenhaus versuchte den Fall zunächst unter den Teppich zu kehren. Man sei bereit, sich außergerichtlich zu einigen, wenn die Presse aus der Sache herausgehalten werde. Die Eltern lehnten das aber ab, wollen vor Gericht gehen und eine Entschädigung in Millionenhöhe erstreiten. "Wir waren und sind einem riesigen psychischen Druck ausgesetzt. Niemand kann ermessen, was die vergangenen Monate für uns bedeuteten. Das kann am Ende auch nicht mit Geld wettgemacht werden", sagt die 25-jährige Jaroslava. Ihr Mann Libor verlor vergangene Woche sogar seinen Job als Lkw-Fahrer, weil er de facto arbeitsunfähig geworden war. Am Donnerstag umlagerten zahlreiche Fernsehteams die Häuser der beiden Familien.

Die Polizei hat jetzt Ermittlungen in dem Krankenhaus aufgenommen. Das befindet sich nicht zum ersten Mal im Fadenkreuz der Justiz. Vor ein paar Jahren wurde der damalige Leiter der Geburtsabteilung verdächtigt, ein Kind mit Wissen der Mutter unmittelbar nach der Geburt verkauft zu haben.