«Ein großer Mensch»

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Den Haag - «Ein großer Mensch ... einzigartige Stütze der Königin ... Intellektueller und Analytiker ... eine Perle in der niederländischen Krone» - die niederländischen Medien überbieten sich gegenseitig in ihrer Würdigung des am Sonntag gestorbenen Prinzgemahls von Königin Beatrix, Prinz Claus. Der Mann im Schatten des Throns, der seine persönliche Entfaltung eng gezogenen Begrenzungen opferte, der Jahrzehnte lang gegen schwere Krankheiten kämpfen musste und doch seinen Humor nicht verlor, wird gepriesen wie wohl kein Mitglied des Königshauses in den vergangenen Jahren. Beim Eintritt des einstigen deutschen Diplomaten in die niederländische Gesellschaft 1965 hatte es ganz anders geklungen. «Claus raus»-Rufe begleiteten damals die Nachricht von der Verlobung von Kronprinzessin Beatrix mit dem Deutschen. Dass Experten des Königshauses dessen Vergangenheit genau durchleuchtet hatten und nur auf Mitgliedschaft in der Hitlerjugend gestoßen waren, reichte vielen nicht. Nach der SS-Zugehörigkeit seines Schwiegervaters in spe und Vorgängers als königlichem Prinzgemahl, Prinz Bernhard von Lippe-Biesterfeld, wollten linke Niederländer kein Risiko eingehen.

Prinz Claus hat die Skeptiker offensichtlich eines anderen belehrt. Er lernte die holländische Sprache schon bald besser und akzentfreier als Prinz Bernhard, er erwies sich als ernsthaft und loyal, und er zeigte sich als liebevoller Familienvater. Als das Wichtigste aber werten Kommentatoren heute, dass er sich abfand mit den unerwartet strikten Begrenzungen, die Protokoll und Politik dem Mann mit so vielen seriösen Fähigkeiten abverlangten. Er musste sich bescheiden und konnte sich dem Land nicht in einer Weise nutzbar machen wie er gehofft hatte. Dass er da nicht den Ausweg in leichten Ersatz suchte, wird ihm heute hoch angerechnet. Als Berater der Königin habe er eine solche Bedeutung erworben, dass die Monarchin heute wohl überlegen werde, ob sie ihr Amt noch lange weiter ausüben könne, wird spekuliert. «Er war der einzige, der sie korrigieren konnte», schreibt etwa «de Volkskrant». Dahinter versteckt sich nach Informationen aus dem politischen Den Haag auch die Sorge um eine Bestimmtheit der Königin, die sie für Einflüsse von außen unempfänglich machen könnte. Schon jetzt wird ihr mitunter Unnahbarkeit vorgeworfen. Der Prinz habe dagegen das Königshaus näher ans Volk gebracht, meinte einer der Politiker in Den Haag.

Dass ein Mann dieser Verdienste so schwer unter Depressionen leiden musste, die auch aus Enttäuschung über eine «unerfüllte Existenz» bei ihm entstanden sein könnten, empfinden politische Akteure in Den Haag heute als bedauernswert. Daher wohl auch die auffallend vielen Komplimente über den Charme, die Tiefgründigkeit und den Humor des Menschen Claus, die sich jenseits der zeremoniellen Welt am besten entfalteten. Seine Leiden - Parkinson, Prostatakrebs, Herz- und Lungenprobleme und die damit verbundenen Krankenhausaufenthalte - hatten die Sympathien für ihn beim Volk erneuert. Die Grundlage dazu hatte das innige Verhältnis des königlichen Ehepaars mit seinen drei Söhnen und den inzwischen zwei Schwiegertöchtern gelegt. dpa