Erftstadt - Patienten graut vor ihnen. Doch es passiert immer wieder: Betrüger ziehen sich einen weißen Kittel an und praktizieren als Arzt. Erst 1999 musste der falsche Oberarzt Gerd Postel nach einem spektakulären Verfahren ins Gefängnis. Wie erst gestern im Westdeutschen Rundfunk (WDR) bekannt geworden ist, ist in Erftstadt bei Köln erneut ein angeblicher Mediziner als Hochstapler entlarvt worden.
Fast zwei Jahre war der aus Bonn stammende Martin K. (35) als Notarzt in Rettungshubschraubern und Krankenwagen im Einsatz. Tagtäglich ging es um Menschenleben. Kollegen stand er sogar als Aus- und Weiterbilder zur Seite. Doch stellte sich im Marien-Hospital Erftstadt-Frauenthal heraus: Der angebliche Arzt ist ein Betrüger.
«Seine Unterlagen waren gut gefälscht. Die Referenzen aus anderen Krankenhäusern glänzend», so der Sprecher des Krankenhauses Franz-Georg Rips. Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen den Mann, der lediglich eine Ausbildung als Rettungsassistent absolviert hat und mit gefälschter Approbation arbeitete. Die Ankläger werfen dem falschen Arzt Betrug, Missbrauch von Titeln sowie Urkundenfälschung vor. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest. «Der Beschuldigte hat offenbar in mehreren Krankenhäusern gearbeitet. Wir haben sämtliche Fälle noch gar nicht komplett erfasst», so Monika Ziegenberg, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft.
Genau so wie sein berühmt gewordener Vorgänger Gerd Postel - eigentlich ein Postbote, der sich bereits schon in den 80er-Jahren in Flensburg als Amtsarzt Dr. Dr. Bartholdy ausgegeben hatte und dann noch einmal in der Nähe von Leipzig mehr als zwei Jahre als Psychiater Karriere machte - ist Martin K. als betrügerischer Wiederholungstäter straffällig geworden. Eine Nummer kleiner als Postel gab sich der 35-jährige Bonner schon einmal als Krankenpfleger aus. Und wurde erwischt. Dafür kassierte er laut Staatsanwaltschaft sechs Monate auf Bewährung. Jetzt wird das Urteil für den falschen Notarzt möglicherweise deutlich strenger ausfallen: Bis zu fünf Jahre Haft drohen ihm - pro Betrugsfall.
Die Ärztekammern, schützende Hand des Berufsstandes, geben sich zurückhaltend: «Ein seltener Einzelfall. Bundesweit», so Hans-Jörg Freese von der Bundesärztekammer. Die Ärztekammer Nordrhein weist jegliche Zuständigkeit von sich. «Der falsche Arzt war bei uns nicht registriert. Präventivmaßnahmen gegen ein solch betrügerisches Verhalten seitens der Ärztekammer sind nahezu unmöglich», sagte Horst Schumacher, Pressesprecher in Düsseldorf. Schwacher Trost für die Patienten: Wie Klinik-Sprecher Franz-Georg Rips beteuert, hat der falsche Notarzt keinen ernsten Fehler gemacht. Pech haben nur die Ärzte, die von ihm weitergebildet wurden. Sie müssen ihren Kursus wiederholen.