Barcelona - Eine völlig neue Klasse von Medikamenten verspricht Hoffnung im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids. Das ist die positive Botschaft der 14. Welt-Aidskonferenz, die am Sonntagabend in Barcelona begonnen hat. Die 15 000 Teilnehmer des internationalen Treffens werden bis zum Freitag beraten, wie sich die weitere Ausbreitung der Aids-Epidemie bremsen lässt.
Kofi Anan, der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), erklärte in einer Grußbotschaft, die bislang größte Aids-Konferenz der Geschichte vereine «die weltbesten Experten, die entschlossensten Entscheider und die energischsten Aktivisten.» Tagungspräsident Jordi Casabona forderte, die wissenschaftlichen Ergebnisse der Aids-Forscher jetzt in praktische und soziale Projekte zu übersetzen.
Mehr als 20 Millionen Menschen sind bereits an Aids gestorben. Weltweit leben derzeit rund 40 Millionen Menschen, die mit dem Aids-Erreger HIV infiziert sind; knapp 30 Million davon im südlichen Afrika. Jeden Tag stecken sich 14 000 Menschen mit dem tödlichen Virus an. «Aus historischer Perspektive stehen wir immer noch am Anfang der Epidemie», sagt Peter Piot vom Aids-Programm der UN (Unaids). Immer mehr, aber längst noch nicht genug Geld, fließe in Aids-Programme. Dennoch mangelt es vor allem im südlichen Afrika an Maßnahmen zur Prävention. Zwei Drittel aller 15- bis 19-jährigen Mädchen haben völlig falsche Vorstellungen von der tödlichen Immunschwächekrankheit, wie das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) berichtet.
So glauben 80 Prozent der jungen Frauen im Tschad und in Nigeria, dass ein gesund aussehender Mann nicht mit dem Aids-Erreger HIV infiziert sein könne. Im südlichen Afrika sind knapp sechs Millionen Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 24 Jahren HIV-positiv; doppelt so viele Frauen wie Männer. Elf Millionen Kinder haben bereits einen oder beide Elternteile durch Aids verloren. Bis 2010 wird in elf Staaten Afrikas die Lebenserwartung unter 40 Jahre sinken.
Über Aids werde in Afrika noch kaum gesprochen, meint Bernd Schwartländer, Direktor der Aids-Abteilung bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Ein Aids-Impfstoff sei noch nicht in Sicht, aber mit umfassender und gezielter Vorbeugung könnten bis 2010 rund 30 Millionen neue Aids-Infektionen verhindert werden. So konnte in den ländlichen Regionen Ugandas durch Aufklärungsprogramme die Rate der Neuinfektionen in den neunziger Jahren von acht auf 5,2 Infektionen pro 1000 Einwohner gesenkt werden. Eine Studie britischer Forscher hat zudem gezeigt, dass es auch in Entwicklungsländern möglich ist, Aids-Kranke kontinuierlich mit Medikamenten zu versorgen. In Afrika wurden im vergangenen Jahr 30 000 Aids-Kranke medikamentös behandelt. 2,2 Millionen Menschen starben an Aids. In den westlichen Industrienationen dagegen erhielten rund eine halbe Million Aids-Kranke eine Therapie, 25 000 starben an den Folgen der Infektion.
Bislang verfügbare Medikamente greifen den Erreger erst an, wenn er bereits in eine menschliche Zelle eingedrungen ist. Der jetzt in Barcelona vorgestellte Wirkstoff mit der Bezeichnung T-20 verhindert, dass das Virus in die Zelle eindringen kann.