Miami - Der Sandstrand hell und sauber, der sattgrüne Rasen um die weißgekalkten Villen penibel gepflegt. Auf Fisher Island vor Miami genießen rund 500 Familien ihr Leben in Anwesen mit gedrechselten Säulen, Türmchen und Torbögen. Hier leben die Reichsten, und eine Handvoll Berühmte: Hollywood-Stars, US-Talkshow-Queen Oprah Winfrey und Babs Becker samt Nachwuchs. Ein schmaler Kanal nur trennt das winzige Eiland von der Millionenstadt Miami. Und von Kriminalität, Schmutz und Armut in der ärmsten Großstadt der USA.
Auf der Insel stolzieren Pfaue und Flamingos durch die Parkanlagen. Im Zentrum bedeckt ein gepflegter Golfplatz fast ein Viertel der gesamten Insel. Der Neun-Loch-Kurs gilt als einer der anspruchsvollsten in ganz Florida. Auf dem Festland, im Zentrum Miamis, haben die Menschen andere Sorgen als ihr Golf-Handicap. Fast jede dritte Familie lebt dort unter der Armutsgrenze. «Die Not ist riesengroß», sagt Linda Pursley. Die 32-Jährige steht vor einer Armenküche im Stadtteil Liberty City, einem hauptsächlich von Farbigen bewohnten Viertel Miamis. «Auch für die unter uns, die einen Job haben, ist es hart», sagt sie. «Beim Essen müssen wir schon sparen, um Miete bezahlen zu können». Um die Miete muss sich auf Fisher Island niemand sorgen. Für eine Eigentumswohnung sollten Interessierte sechs Millionen Dollar bereithalten. Für die wenigsten Bewohner des kleinen Refugiums dürfte das ein entscheidendes Problem gewesen sein: Das durchschnittliche Jahreseinkommen der Menschen auf Fisher Island liegt bei rund 250 000 Dollar.
«So funktioniert der American Dream», sagt Brenda Williamson von der Wohltätigkeitsorganisation «Daily Bread Food Bank». «Bei uns heißt es, wenn du es nicht geschafft hast, warst du nicht gut genug», erklärt sie nicht ohne Bitterkeit. «Wenn du auf Fisher Island lebst, dann hast du irgendwie einfach mehr drauf». Wer für ein paar Tage Teil der geschlossenen feinen Gesellschaft sein möchte, kann ein Zimmer im einzigen Hotel auf Fisher Island buchen. Für rund tausend Dollar die Nacht, Standard, ohne Meeresblick. Dort steigt auch Boris Becker ab.
Schöner Wohnen