Wieviel Schuld trifft die Lotsen?

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Zürich/Überlingen - Für die tragische Flugzeugkollision über dem Bodensee mit 71 Todesopfern ist offensichtlich eine Reihe von Pannen verantwortlich. Bei der Suche nach den Ursachen gab es gestern jedoch Unklarheiten und widersprüchliche Angaben. Der Leiter der Schweizer Flugsicherung Skyguide, Toni Maag, räumte Pannen ein. So hatte der Fluglotse in der Unglücksnacht die russische Tupolew-Maschine erst 50 Sekunden vor der Kollision mit der Fracht-Boeing zum Ausweich-Sinkflug aufgefordert. Der zweite Fluglotse habe vorschriftswidrig eine Pause gemacht, obwohl das Kollisions-Alarmsystem wegen Wartungsarbeiten für einige Stunden ausgefallen war. Die Behörde selbst widersprach dieser Darstellung.

Die beiden Dienst habenden Fluglotsen hätten in der Nacht des Unglücks nicht gegen eine interne Weisung verstoßen. Zuvor hatte Maag dem Schweizer Rundfunksender DRS gesagt, dass dies mit ein Grund für die Tragödie sein könnte.

Gestern wurde am Bodensee die Suche nach den Opfern fortgesetzt. Bis zum Abend waren 38 Tote geborgen worden. Identifiziert werden konnten zunächst nur die zwei Piloten der Frachtmaschine, ein Brite und ein Kanadier. Außerdem wurden die Stimmenrekorder und Flugdatenschreiber beider Maschinen gefunden. Mit der Auswertung soll heute bei der Braunschweiger Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) begonnen werden. Ergebnisse werden frühestens in einigen Tagen erwartet.

Die Warnung an den Tupolew-Piloten vor dem Zusammenstoß kam nach Einschätzung der Deutschen Flugsicherung (DFS) zu spät. Noch ungeklärt ist, warum der Pilot der Tupolew zunächst nicht reagiert habe und nochmals zum Sinkflug aufgefordert werden musste.

Zur Identifizierung der Toten sollen die Krankenakten der 69 russischen Opfer zu Rate gezogen werden. Die Dokumente sollen gemeinsam mit 140 Hinterbliebenen am heutigen Donnerstagmorgen am Bodensee eintreffen. Die Angehörigen werden am Abend wieder nach Russland zurückfliegen.

Die Tupolew Tu-154 der Bashkirian Airlines war mit einer Schülergruppe aus Ufa an Bord am späten Montagabend über dem Bodenseeufer mit einer Fracht-Boeing des Paketdienstes DHL zusammengestoßen. Niemand der 71 Menschen an Bord beider Maschinen überlebte die Katastrophe.

«Wir hoffen, dass die Bergung der Opfer morgen (Donnerstag) abgeschlossen werden kann», sagte der baden-württembergischen Innenministers Thomas Schäuble (CDU). Es sei aber noch nicht sicher, ob alle Opfer identifiziert werden können.

Die Bundesregierung werde jede denkbare Anstrengung zur schnellen Aufklärung der Tragödie unternehmen, teilte das Bundespresseamt nach der Sitzung gestern in Berlin mit. dpa