AP Erfurt - Nach dem Amoklauf von Erfurt sind Anzeigen gegen Lehrer des Gutenberg-Gymnasiums wegen Vernachlässigung der Dienstpflichten bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Sprecher Michael Heß bestätigte gestern auf Anfrage in Erfurt einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazin «Focus».
Eine Anzeige richte sich gegen namentlich nicht benannte Lehrer. Ihnen werde vorgeworfen, sich nach dem Schulverweis des Täters Robert Steinhäuser im Oktober 2001 nicht mehr um den Schüler gekümmert zu haben, sagte Heß. Eine zweite Anzeige stehe im Zusammenhang mit der Filmsequenz eines Privatvideos, auf dem Steinhäuser bei einer Theaterinszenierung an der Schule mit einem Trommelrevolver zu sehen sei, den er unmittelbar vor sich habe. Eine dritte Anzeige richte sich anonym gegen den Leiter des Erfurter Ordnungsamtes. Dieser hatte nach dem Amoklauf eine Anweisung erteilt, vorläufig keine Waffenbesitzkarten mehr auszustellen.
Heß bestätigte auch, dass der Amokläufer von Erfurt seine Pumgun, die er am 26. April in das Erfurter Gutenberg-Gymnasium mitgenommen hatte, mit neun statt acht Schrotpatronen geladen habe. Dies habe vermutlich zu der Ladehemmung geführt, sagte Heß. Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» hatte in seiner neuesten Ausgabe berichtet, diese «Nachlässigkeit» habe offenbar verhindert, dass noch mehr als 16 Menschen getötet wurden. Polizeidirektor Rainer Grube hatte bereits am 8. Mai in Erfurt vor Journalisten darauf hingewiesen, dass die Pumpgun manipuliert war. Ob die technischen Veränderungen von Steinhäuser selbst vorgenommen wurden, sei noch unklar, sagte Grube. Die Ermittler hätten zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine endgültige Gewissheit, ob der Amokläufer eine Bescheinigung seines Schützenvereines gefälscht habe, um an die unter Sportschützen ungewöhnliche Waffe zu kommen, sagte Heß. Man gehe aber davon aus, dass er die Flinte legal erworben habe.