Literatur

Sie gibt Tibets Frauen eine Stimme

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Barbara Jänichen

Die junge Frau mit den mandelförmigen Augen zieht in der Lounge des Hotels Ellington an der Nürnberger Straße viele Blicke auf sich; aber das ist für Yangzom Brauen (30), Ex-Model und Schauspielerin, nichts Ungewohntes. Schließlich stand sie bereits mit Oscar-Preisträgerin Charlize Theron (33) als deren Gegenspielerin in dem Science-Fiction-Film "Aero Flux" vor der Kamera und arbeitete mit Michel Comte zusammen.

Der Starfotograf entdeckte die Tochter einer Malerin aus Tibet und eines Schweizer Ethnologie-Professors vor sieben Jahren in einer TV-Nachrichtensendung. Die damalige Präsidentin des Vereins "Tibeter Jugend in Europa" war bei einer Demo gegen China auf dem Roten Platz in Moskau verhaftet worden. Ihr Foto ging um die Welt. Und Yangzom Brauen, die sich schon während der Schulzeit ihr Taschengeld als Model verdiente, kam groß raus.

Das Thema Tibet liegt ihr nach wie vor ganz besonders am Herzen, steht im Mittelpunkt ihres ersten Buches "Eisenvogel" (Heyne-Verlag, 19.90 Euro). Es erzählt die Geschichte von drei starken Frauen; von der Flucht ihrer Großmutter, der tibetischen Nonne Kunsang (89), und ihrer Mutter Sonam (55) nach dem Tibetaufstand 1959, deren Weggang vom indischen Exil in die Schweiz sowie Yangzoms Weg zwischen zwei Welten. Geboren in der Schweiz, lebt Yangzom Brauen heute abwechselnd in Berlin und Los Angeles.

Wie kam es zu dem Titel "Eisenvogel"? Brauen: "Meine Großmutter ist 1920 nach dem tibetischen Mondkalender im Eisen-Vogel-Jahr geboren worden. Dabei kam mir eine Weissagung Padmasambhavas, dem Begründer des tibetischen Buddhismus, in den Sinn: ,Wenn der Eisenvogel fliegt, und die Pferde auf Rädern rollen, dann wird das Volk der Tibeter wie die Ameisen über die ganze Welt verstreut, und die buddhistische Lehre wird das Land des roten Mannes erreichen.' Im Geburtsjahr meiner Großmutter begann auch eine modernere Zeit."

Ein Jahr lang hat Yangzom Brauen an dem Buch gearbeitet. Die Idee dazu hatte sie sieben Jahre zuvor. "Als die chinesischen Besatzer im März 2008 im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele in Peking den Aufstand meiner Landsleute blutig niederschlugen", sagt sie, wusste sie, sie müsse jetzt handeln. "Ich beschloss, alles aufzuschreiben, was mir meine Mutter und meine Großmutter über ihr Leben, unser Volk und über unsere Kultur noch erzählen konnten."

Wo wird das Buch noch erscheinen? "Bislang in England, Frankreich und Amerika. Die Filmrechte liegen bei mir."

Als Sechsjährige lernte sie Tibet beim Besuch mit den Eltern kennen. Land und Leute faszinierten sie sofort. Ein Leben für sich in der Gegend könnte sie sich nicht vorstellen. "Zumindest nicht für längere Zeit", sagt sie. "Das aufregende Berlin und Los Angeles sind für mich ideal als Lebensmittelpunkt." In Berlin lernte Yangzom Brauen auch ihren Freund, den Berliner Regisseur und Schauspieler Guido Föhrweißer , kennen. "Seit Februar 2005 sind wir zusammen."

Gerade hatte sie mit dem Schweizer Science-Fiction-Kinofilm ,Cargo' Premiere und arbeitet nun an ihrer ersten Schweizer Web-Soap ,Hallo, Hollywood'. "Das ist sozusagen das Gegenstück zu Til Schweigers ,Mission Hollywood'", sagt sie. "Wir geben drei Männern und drei Frauen die Möglichkeit, hinter die Kulissen der Traumstadt Hollywood zu gucken und die bittere Realität kennenzulernen." Dafür arbeitet sie mit den in L.A. lebenden Schweizer Produzenten Mike Boss und Roman Wyden zusammen.

Sollte ihr Buch verfilmt werden, würde sie lieber die Rolle ihrer Großmutter oder Mutter spielen. "Das finde ich spannender als mein eigenes Leben."