Klare Antworten liegen ihm in seinem 77 Seiten knappen, hochkonzentrierten Prosavermächtnis fern. Immerhin: Er stellt seinem jugendlichen Romanhelden Vivien darin die ominöse Frage, warum ihn wohl ein Traum ängstigen sollte. Denn um einen Traum handelt es sich bei den mysteriösen Geschehnissen, die Vivien - ein Nachfahre von Oscar Wildes Dorian Gray - erlebt. 2008 erschien das französische Original. Es ließ die Green-Fans aufatmen, die Werke wie "Mont-Cinère" oder "Adrienne Mesurat" bewundern und sich von seinem schwülstigen Spätwerk abwendeten: "Der Unbekannte" knüpft an Frühes an. Green geht es auch um die Geheimnisse des Unterbewusstseins. Seine Moral bleibt verborgen, der Zeigefinger wird nicht ausgestreckt.
Julien Green: Der Unbekannte. Aus dem Frz. v. Elisabeth Edl. Hanser, München. 96 S., 12,90 Euro.