Gleiche Stelle, gleiche Welle

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Stefan Kirschner

Am 9. Februar 1946 war erstmals ein damals 33jähriger Theaterkritiker im "Rundfunk im amerikanischen Sektor", Rias abgekürzt, zu Wort gekommen: Friedrich Luft, der in den folgenden 44 Jahren mit seiner "Stimme der Kritik" sonntags zu hören war - "gleiche Stelle, gleiche Welle".

Am 9. Februar 1946 war erstmals ein damals 33jähriger Theaterkritiker im "Rundfunk im amerikanischen Sektor", Rias abgekürzt, zu Wort gekommen: Friedrich Luft, der in den folgenden 44 Jahren mit seiner "Stimme der Kritik" sonntags zu hören war - "gleiche Stelle, gleiche Welle". Eine Viertelstunde dauerte die Sendung. Um zwölf Uhr war Schluß. Für Theaterwissenschafts-Studenten eine ideale Zeit. Vorher eine Tasse Tee, danach das Frühstück - der Sonntag konnte beginnen.

Friedrich Luft war ein Kerl von einem Mann. Vernarrt in das Theater. Als Kritiker verstand er sich immer als Vermittler zwischen Bühne und Publikum. "Die Bühne singt. Wir geben Echo", lautete seine Devise. Alles Zynische, Überhebliche, Geschmäcklerische war ihm abhold. Seine kluge, populäre Formulierungskunst ist legendär. Seine Stimme war sein Markenzeichen. In einem atemlos wirkenden, stakkatohaften Stil besprach er die Premieren der Woche. Gab es keine, besprach er Kinofilme oder plauderte auch mal über einen Spaziergang im Volkspark Wilmersdorf. Er verabschiedete sich mit "gleiche Stelle, gleiche Welle" bis zum nächsten Sonntag.

Legendär sind auch die Worte, mit denen er sich in seiner ersten Sendung vorstellte: "Luft ist mein Name. Friedrich Luft. Ich bin 1,86 groß, dunkelblond, wiege 122 Pfund, habe Deutsch, Englisch, Geschichte und Kunst studiert, bin geboren im Jahre 1911, bin theaterbesessen und kinofreudig und beziehe die Lebensmittel der Stufe II. Zu allem trage ich den letzten Anzug, den ich aus dem Kriege gerettet habe und eine Hornbrille auf der Nase."

Von 1946 bis zu seinem Tode am Heiligabend 1990 war Friedrich Luft im Rias auf Sendung. Seit 1955 schrieb er außerdem seine Kritiken in der Tageszeitung Die Welt, seit 1976 auch in der Berliner Morgenpost. In Erinnerung an den großen Kritiker verleiht die Berliner Morgenpost seit 1992 den Friedrich-Luft-Preis für die "beste Berliner Aufführung eines Jahres".

Ins Theater ging Friedrich Luft immer allein. Und hatte immer seinen Außenplatz. Auf die Frage, warum ihn seine Frau Heide eigentlich nie begleite, knurrte er einmal: "Der Postbote nimmt seine Frau ja auch nicht mit auf Tour." Er war ein Einzelgänger. Seine Aufgabe beschrieb er so: "Ich stürze mich von Beruf und Leidenschaft in den Strudel der Künste und Vergnügungen und gebe Ihnen Rapport und Bericht."